Sustainable Impact: Emotionen mit weniger Emissionen

30.11.2021
4/2021

Mit dem Sustainable Impact Program fördert die ZHAW vielversprechende Nachhaltigkeitsinitiativen ihrer Studierenden und Mitarbeitenden. In einem der ersten geförderten Projekte geht es gleich um klimaneutralen Rock’n’Roll.

Im August steht Winterthur stets im Zeichen seiner Musikfestwochen. Mit rund 70 Konzerten und einem kulturellen und kulinarischen Rahmenprogramm lockt das Festival über 50'000 Menschen in die Gassen der Altstadt. An neun der zwölf Festivaltage ist der Eintritt frei. Seit der Gründung vor fast fünf Jahrzehnten kommen immer mehr Musikbegeisterte nach Winterthur. Mittendrin in der Organisation: Lotta Widmer. Die ZHAW-Studentin leitet den Bereich Partnerschaften und Events der Musikfestwochen. «Das lässt sich mit meinem Teilzeitstudium in Umweltingenieurwesen an der ZHAW vereinbaren», sagt sie und meint es auch so. Mit ihrer Bachelorarbeit in der Vertiefung «Umweltsysteme und nachhaltige Entwicklung» will sie dazu beitragen, das Festival künftig noch nachhaltiger zu gestalten.

«In der Kulturbranche sehe ich die einmalige Chance, ein grosses Publikum durch positive Erlebnisse für nachhaltige Themen zu sensibilisieren.»

Lotta Widmer, Studentin, die durch das Sustainable Impact Program gefördert wird

Mit Mehrweggeschirr und Solarstrom wurden schon erste Schritte getan. Eine professionelle Berechnung der CO2-Emissionen soll nun die wissenschaftliche Grundlage schaffen für weiterführende Massnahmen im Bereich ökologischer Nachhaltigkeit. Teil der Arbeit ist aber auch die Analyse der sozialen und wirtschaftlichen Nachhaltigkeit sowie der umweltpsychologischen Hintergründe. Dabei geht Lotta Widmer der Frage nach, wie das Publikum für das Thema Nachhaltigkeit sensibilisiert und zu umweltfreundlichem Handeln motiviert werden kann.

Musikfestwochen werden zum Reallabor

«Zum einen sehe ich Veranstaltende in der Pflicht zu einer nachhaltigen Weiterentwicklung, zum anderen bietet sich in der Kulturbranche die einmalige Chance, ein grosses Publikum durch positive Erlebnisse für nachhaltige Themen zu sensibilisieren oder sogar zu umweltfreundlichem Handeln anzuregen», sagt Lotta Widmer angesprochen auf ihre Motivation. Als die Studentin ihre Projektidee für die Bachelorarbeit schon aufgegleist hatte, stiess sie auf die Ausschreibung für das Sustainable Impact Program (SIP). Zunächst zögerte sie, ihr Projekt für die 5000-Franken-Förderung einzureichen.

«Dieses interdisziplinäre Projekt erfüllt mehrere wichtige Evaluationskriterien: Es nimmt Bezug auf alle drei Dimensionen von nachhaltiger Entwicklung und analysiert darüber hinaus die Umweltkommunikation mit dem Publikum.»

Francesco Bortoluzzi, Leiter Nachhaltigkeitsprogramme ZHAW

«Ich war unsicher, ob mein Projekt den Kriterien genügt. Schliesslich dachte ich mir, dass ich ja nichts zu verlieren habe», sagt Lotta Widmer rückblickend. Ihr Vorhaben erhält nun als eines der ersten studentischen Projekte finanzielle Unterstützung durch das neue Programm. «Dieses interdisziplinäre Projekt erfüllt mehrere wichtige Evaluationskriterien», sagt Francesco Bortoluzzi, der als Leiter Nachhaltigkeitsprogramme an der ZHAW das SIP gemeinsam mit einem Vorstand verantwortet. «Es nimmt Bezug auf alle drei Dimensionen von nachhaltiger Entwicklung und analysiert darüber hinaus die Umweltkommunikation mit dem Publikum. Lotta Widmer setzt ihre Skills aus dem Studium ein, um die Musikfestwochen zu einem Reallabor zu machen, und erzeugt so kontextspezifisches System- und Transformationswissen.» Dieses könne wiederum künftigen Projekten als Grundlage dienen.

Die grossen Hebelwirkungen finden

Für die Ökobilanzierung hat Lotta Widmer alle Daten aus dem Jahr 2019 zusammengetragen – dem letzten Jahr der Durchführung im gewohnten Rahmen. «Ich habe berechnet, wie viel Bier getrunken, wie viele Würste gegessen und wie viel Strom verbraucht wurde, aber auch, wie das Publikum und die Bands ans Festival gereist sind», nennt die Studentin einige Beispiele. Für die Ökobilanzierung hat ein externes Ingenieurbüro alle Berechnungen der CO2-Emissionen durchgeführt. Die anschliessende Analyse, die Ableitung der Massnahmen und das Erstellen des Aktionsplans liegen nun wiederum bei der Studentin und sind Gegenstand des SIP-Projekts. «Aus dem vorliegenden CO2-Fussabdruck kann ich bereits schliessen, dass das Einsparpotenzial bei der Mobilität und der Gastronomie am grössten ist», stellt sie fest. Nun will sie im Detail herausfinden, wo die grossen Hebelwirkungen liegen und welche Änderungen zu einer CO2-neutralen Veranstaltung führen könnten.  

Aktionsplan soll Wirkung zeigen

Auch wenn es noch ein weiter Weg ist bis zu einem emissionsfreien Festival, hofft Lotta Widmer schon jetzt auf die Strahlkraft der Musikfestwochen. Sie sollen Vorbildcharakter für andere kulturelle Veranstaltungen haben. Neben der ökologischen Bewertung analysiert die Studentin auch die soziale und wirtschaftliche Dimension in einem sogenannten Nachhaltigkeitsraster, um die brachliegenden Potenziale aufzuzeigen. «Der Verein Winterthurer Musikfestwochen ist nicht gewinnorientiert, und die ökologische wie auch die soziale Nachhaltigkeit sind bereits im Leitbild verankert», erklärt Lotta Widmer. «Das neuntägige kostenlose Programm zieht unterschiedlichste Gesellschaftsschichten an, und auch auf der Bühne wird viel Wert auf Diversity gelegt.»

Dennoch gebe es überall noch Raum für zusätzliche Massnahmen. Einige weitere Hebel zur Reduktion der Emissionen hofft sie bereits im kommenden Jahr umlegen zu können, wenn das Festival mutmasslich wieder in voller Grösse stattfinden wird. Ihre Bachelorarbeit wird Lotta Widmer dann abgeschlossen haben, aber ihr damit geschaffener Aktionsplan soll auf mehrere Jahre hinaus Wirkung zeigen.

Über das Sustainable Impact Program

Das Sustainable Impact Program der ZHAW (SIP) fördert das Engagement von Studierenden und Mitarbeitenden für nachhaltige Entwicklung, verteilt auf drei Säulen:

Die erste Säule unterstützt vorzugsweise interdisziplinäre studentische Projekte, die zur Erreichung der Sustainable Development Goals (SDGs) beitragen und sich auf die Region oder die ZHAW – im Sinne eines Reallabors – beziehen. Die Projekte können, müssen aber nicht in Zusammenhang mit dem Studium an der ZHAW stehen. Pro Semester werden fünf Projekte mit je bis zu 5000 Franken gefördert. 

Die zweite Säule unterstützt Lehr- und Forschungsprojekte an der ZHAW, die zur Sensibilisierung für die SDGs und zu deren Erreichung beitragen oder die Ziele der Nachhaltigkeitsstrategie der ZHAW unterstützen. Pro Jahr werden fünf Projekte selektiert. Lehrprojekte werden mit bis zu 15'000 Franken und Forschungsprojekte mit bis zu 30'000 Franken gefördert. 

Die dritte Säule unterstützt Jungunternehmer und Jungunternehmerinnen, die mit ihrer Projektidee eine nachhaltige Entwicklung bewirken wollen. Teilnehmende der Impact Entrepreneurship Initiative können folgende drei Phasen – von der Sensibilisierung bis zur Inkubation – durchlaufen: die Sustainability-Safaris, die Sustainability-Hacks und das Sustainability-Inkubationsprogramm.

Das SIP wird auch durch das nationale Programm U Change unterstützt, bei dem nachhaltige studentische Projekte gefördert werden.

0 Kommentare

Sei der Erste der kommentiert!

Kommentar ist erforderlich!
Name ist erforderlich!
Gültige E-Mail ist erforderlich!
This site is protected by reCAPTCHA and the Google Privacy Policy and Terms of Service apply.