Die Digitalisierung des Lebensmittels

22.09.2020
3/2020

Vom Gemüsebauern über den Detailhändler bis zur Konsumentin: Die Digitalisierung greift heute entlang der ganzen Wertschöpfungskette der Nahrungsmittelbranche. Eine Herausforderung für ­deren Fachleute.

Es finden sich kleinste Metall­splitter in einer Tafel Schokolade: Wo sind diese in das Produkt geraten? In der Schokolade­fabrik, beim Kakaolieferanten, oder waren sie in den Nüssen enthalten? Welche Chargen sind verunreinigt?

Ein Produkt rückzuverfolgen, war bisher nicht immer einfach, aber zum Beispiel bei verunreinigten Lebensmitteln entscheidend. Seit einigen Jahren ist die Lebensmittel­indus­trie nun dabei, mit der internetbasierten Blockchain-Technologie ihre Wertschöpfungskette neu zu organisieren. Blockchains versprechen mehr Sicherheit und Transparenz: In einer dezentralen Datenbank, deren Daten nicht manipuliert werden können, geben alle Akteure entlang der Wertschöpfungskette ihre Daten ein, wie Herkunftsinformationen, Losnummern, Produktionsdaten oder Kühlkettendokumentationen. So kann der ganze Weg eines Produkts nachverfolgt werden.

Vielschichtige Veränderungen

Die Digitalisierung ist schon vor einiger Zeit in der Lebensmittelbranche angekommen und betrifft heute immer mehr Bereiche, von der Wertschöpfungskette als Ganzem bis zum einzelnen Akteur. «Die Digitalisierung eines Lebensmittels kann auf verschiedenste Weise angegangen werden, die Veränderungen sind vielschichtig», meint dazu Patrick Lütolf, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Departement Life Sciences und Facility Management und Leiter des CAS Digital Food Competencies. Fachleute der Branche sind gefordert: «Sie müssen Fähigkeiten aufbauen im Umgang mit Datenbanken, mit digitalen Kundenbeziehungen und Innovationsprozessen, und sie müssen auch mögliche Ängste vor diesen Technologien abbauen und überwinden», verdeutlicht Thomas Bratschi, Co-Programmleiter und Dozent des CAS, in einem Videobeitrag.

Stark digitalisiert wird derzeit gemäss Lütolf die Landwirtschaft, um Anbau und Ernte effektiver zu gestalten. Weiter entlang der Kette setzen Händler die auf Algorithmen basierenden Predictive Analytics ein, um anhand historischer Bestelldaten und Wetterprognosen das Einkaufsverhalten der Kunden abzuschätzen. Oder neue Gastrokonzepte und Lieferformen verbinden geschickt die Offline- mit der Online-Welt.

Grundlegender Wandel des Essverhaltens

Eine zentrale Rolle nimmt für Lütolf das Kundenerlebnis ein – das Storytelling. Die Digitalisierung unterstütze, wenn richtig eingesetzt, mannigfaltige Möglichkeiten für Kundenerlebnisse. Als Beispiel nennt er das österreichische Unternehmen Sonnentor, das vom einfachen Gewürz- und Teehändler zu einem Franchise­unternehmen gewachsen ist und dabei auf den Firmengründer als eigenwilligen Botschafter sowie auf Regionalität und Authentizität setzt.

Hinter dieser digitalen Transformation steht auch ein «grundlegender Wandel des Essverhaltens», wie es Lütolf umschreibt. «Es ist uns nicht mehr egal, was wir essen.» Dass der Corona-
Effekt anhält, wo während des Lockdowns viel mehr Wert auf frische und selbst gekochte Nahrung gelegt wurde, bezweifelt er jedoch: «Wer hat jetzt noch Zeit, seine Bio-Eier direkt beim Bauern einzukaufen?»

CAS Digital Food Competencies

Wie müssen Fachleute der Food-Branche mit der digitalen Transformation umgehen? Welche digitalen Lösungen braucht ein Unternehmen? Der CAS Digital Food Competencies geht diesen Fragen nach. Er ist einer von acht CAS des Weiterbildungsprogramms «foodward – Excellence in Food», welches das Departement Life Sciences und Facility Management in Kooperation mit dem Verein foodward und der Berner Fachhochschule (BFH) anbietet. Der nächste Lehrgang startet am 5. November 2020.

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