Geflüchtete Lebensretterin

18.03.2020
1/2020

Bei der Flucht aus dem Iran musste Safoura Bazrafshan alles hinter sich lassen. Nun baut sich die Studentin ein neues Leben auf und engagiert sich bereits wieder für inhaftierte Frauen im Iran.

Das Fliegen hatte Safoura Bazrafshan bereits als Kind fasziniert. «Eigentlich wollte ich Pilotin werden», erzählt die 38-Jährige. Doch im Iran kam der Beruf für eine Frau nicht infrage. Also entschied sie sich für ein technisches Studium. Am Flughafen in Teheran arbeitete sie danach als Technikerin; sie testete und reparierte die Instrumente in den Cockpits. Doch als sie vor vier Jahren in die Schweiz kam, wurde ihre Ausbildung nicht anerkannt. Deshalb begann sie 2018 mit dem Bachelorstudium Aviatik an der ZHAW. «Vieles ist neu für mich. Und die Technologie hat sich seit meiner Ausbildung weiterentwickelt», sagt Bazrafshan. Zudem sei sie stark gefordert mit der Sprache, obwohl sie in der kurzen Zeit gut Deutsch gelernt hat. Nun hat sie aber bereits die ersten drei Semester erfolgreich abgeschlossen.

Verfolgt vom Regime

Die junge Frau kommt in eng anliegenden Jeans, modischem Pullover und wallenden Haaren zum Gespräch. Im Iran konnte sie sich so nicht auf die Strasse wagen. Die Kleidervorschriften seien aber nicht das Schlimmste gewesen, blickt Bazrafshan zurück. Viel stärker litt sie unter der eingeschränkten Meinungsfreiheit und den starren sozialen Regeln. «Es fühlte sich an, wie ein Kleben und Haften an den Händen.» Weil sich die kurdischstämmige Iranerin für Frauenrechte einsetzte und sich gegen das Regime auflehnte, entstanden ihr Probleme. 2011 flüchtete sie auf einem beschwerlichen Weg über die Grenze und gelangte über die Türkei und Griechenland schliesslich in die Schweiz. Details über diese Reise möchte sie nicht erzählen. Es ist deutlich zu spüren, dass sie sich nicht gerne daran erinnert.

Leben retten mit Geld

Bei ihrer Flucht musste Bazrafshan Familie, Freunde und sämtliche persönlichen Dinge hinter sich lassen und von Grund auf neu beginnen. Unterdessen hat sie eine Aufenthaltsbewilligung erhalten. Zusammen mit ihrem Freund und drei Frauen – alle ursprünglich aus dem Iran – engagiert sie sich nun wieder für Menschen in ihrem Herkunftsland. Die Gruppe sammelt Geld, um Frauen aus Gefängnissen freizukaufen. «Wenn sich Frauen bei einer Vergewaltigung oder anderer Gewalt zur Wehr setzen und den Mann tötlich verletzen, droht ihnen, gehängt zu werden», erzählt Bazrafshan. Sie können der Todesstrafe nur entrinnen, wenn sie der Familie des Mannes ein sogenanntes Blutgeld bezahlen – in der Regel mindestens 30’000 Franken. Die Gruppe arbeitet mit einer Organisation im Iran zusammen, die ebenfalls versucht, Geld aufzutreiben. Bazrafshan ist bewusst, dass mit diesen Zahlungen ein System gestützt wird, das sie eiegntlich ablehnt. «Doch es gibt keine andere Möglichkeit, den Frauen ihr Leben zurückzugeben.»

Missstände publik machen

Die Gruppe organisiert Anlässe, an denen sie über die Missstände informiert, und verbreitet die tragischen Geschichten über Mails. Zudem pflegt sie Verbindungen zu Frauen- und Menschenrechtsorganisationen. Gemeinsam mit einer Freundin  will Bazrafshan demnächst einen regulären Verein gründen, um die Hilfe zu verstärken. Der Aviatik-Studentin bleibt neben diesem Engagement und dem Lernen nur wenig Freizeit. Ist aber wieder mal eine Prüfung geschafft, feiert sie dies gern mit ihren jungen Studienkollegen bei einem Bier oder gar einem Wochenende in den Bergen.

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