Über die Wirksamkeit von Kurzarbeit und Jobcoaching in Jugendtreffs

21.09.2021
3/2021

Wie können Sozialarbeitende Jugendliche auf dem Weg ins Erwerbsleben unterstützen? Welche Auswirkungen hatte die Pandemie auf den Arbeitsmarkt einzelner Regionen? Warum engagieren sich homosexuelle Menschen in konservativen Parteien? Drei Abschlussarbeiten liefern Antworten.

Corona-Pandemie: Wo Kurzarbeit half und wo nicht

Die erste Corona-Welle im Frühjahr 2020 traf die Schweizer Wirtschaft hart. Von einem Tag auf den anderen durften einzelne Branchen nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr tätig sein. Besonders betroffen waren etwa die Gastronomie, die Luftfahrt sowie die Exportwirtschaft. «Es war ein Schockmoment», erinnert sich André Bruggmann, der an der School of Management and Law studiert hat. Die Einschränkungen in der ausserordentlichen Lage führten dazu, dass die Arbeitslosigkeit rasch und deutlich anstieg. Staatliche Unterstützung – unter anderem in Form von Kurzarbeit – ermöglichte dann eine relativ stabile Situation im Sommer und verhinderte eine grössere Entlassungswelle im Herbst. «Die Massnahmen haben effektiv dazu beigetragen, dass Stellen erhalten blieben», sagt Bruggmann. Allerdings habe sich die Krise regional unterschiedlich manifestiert. So hätten Tessiner Firmen während der ersten Welle beispielsweise stark auf Kurzarbeit gesetzt. Dafür hätten sich die Arbeitslosenzahlen danach deutlich positiver entwickelt als im Rest der Schweiz. Im Kanton Zürich hingegen seien insbesondere in der Gastronomie und in der Beherbergung überproportional viele Mitarbeitende entlassen worden. «Solche regionale und zeitliche Aspekte haben in den Medien und in der Forschung bisher kaum Beachtung gefunden», betont der Studienautor. Dabei zeigten sich überraschend deutliche Unterschiede. André Bruggmann hat die Resultate seiner Arbeit visualisiert und auf einer Plattform veröffentlicht. «Politische und wirtschaftliche Entscheidungsträger sollen in künftigen Krisensituationen davon profitieren», sagt er.

André Bruggmann (33) hat als Abschlussarbeit für den MAS in Business Administration die Auswirkungen der Corona-Krise auf den Schweizer Arbeitsmarkt untersucht. Er zeigt nicht nur branchentypische, sondern auch regionale Entwicklungen auf. Dafür konnte er sein Wissen als promovierter Geograf nutzen und hat die Höchstnote erhalten. Bruggmann ist Geospatial Solutions Expert und Co-CEO der Crosswind GmbH, er nimmt im Herbst die Weiterbildung zum MBA in Angriff.

Queer und politisch konservativ –  wie geht das?

Homosexuelle, die sich in rechten Parteien engagieren, teilen deren Ansichten weitgehend und erleben dadurch Zusammenhalt. Sie möchten nicht auf ihre sexuelle Orientierung reduziert werden und bezeichnen diese als Privatsache. «Für viele ist die damit verbundene fehlende Gleichberechtigung ein weniger wichtiges Thema als zum Beispiel die Ausländerinnen- und Ausländerfrage», sagt Madlaina Caflisch, die mit schwulen Politikern aus der Schweiz und Deutschland gesprochen hat. Diese verteidigten ihre jeweilige Partei als Beschützerin queerer Menschen. Einige nutzten die LGBTIQ+-Community gar als Begründung, die Diskriminierung anderer Minderheiten zu rechtfertigen. «Konkret wurde mehrfach der Islam als homophob angeprangert ‒ deshalb sei das eigene Land vor der Islamisierung zu schützen.» Die heutige Dolmetscherin zeigt Widersprüche in den Argumentationslinien der Befragten auf. Die SVP schere sich beispielsweise wenig um ihre parteiinterne homosexuelle Vereinigung, wenn es darum gehe, politische Positionen festzulegen. Sie übergehe die GaySVP, was diese scheinbar widerstandslos hinnehme. «Es schimmert ein bisschen Resignation durch», sagt die Masterabsolventin und verweist auf die «Ist halt so»-Erklärungen der Betroffenen. Dass diese ihre Stellung auf der politischen Bühne nicht nutzen, um die Gleichstellung der LGBTIQ+-Community voranzutreiben, findet Madlaina Caflisch schade. Immerhin sei die SVP die stärkste Kraft im nationalen Parlament und habe gerade im ländlichen Raum einen grossen Einfluss. «Doch durch ihre Passivität oder gar durch Gegensteuer schaden diese homosexuellen Politiker der Sache mehr.»

Madlaina Caflisch (27) ist in ihrer Masterarbeit in Angewandter Linguistik der Frage nachgegangen, wie Schwule und Lesben, die in konservativen Parteien politisieren, ihre Zugehörigkeit rechtfertigen. Sie hat mit Vertretern von SVP, CDU sowie AfD gesprochen und offizielle Texte dieser Parteien analysiert. Sie hat dafür die Note 6 und den DÜV Excellence Award (Agentur für Übersetzungen, Dolmetschen und Korrektorat) erhalten. Die ZHAW-Absolventin arbeitet als selbstständige Dolmetscherin und in einem Teilzeitpensum bei SWISS TXT als Untertitel-Redaktorin.  

Bewerbungs- und Jobtraining im Jugendtreff

Auf dem Weg ins Erwerbsleben sind Jugendliche auf Hilfe angewiesen. Im Idealfall können sie auf Eltern, Lehrpersonen und Schulsozialarbeitende zählen. Diese zeigen ihnen berufliche Möglichkeiten auf, helfen bei Bewerbungen und motivieren zum Durchhalten. «Bis ans Ende der Oberstufe sind formelle Unterstützungsangebote vorhanden», sagt Nina Nussbaumer. Sie seien allerdings stark vom Engagement einzelner Personen abhängig und könnten sich von Gemeinde zu Gemeinde unterscheiden. «Die Bemühungen der primären Akteure reichen in einigen Fällen leider nicht aus», berichtet die Jugendarbeiterin. An ihrem Arbeitsort steht jeweils rund ein Drittel aller Jugendlichen, welche eine Sekundarstufe mit Grundanforderungen abschliessen, ohne Lehrstelle da. Einige sind von den hohen Anforderungen und der Menge an Entwicklungsaufgaben überfordert. Andere haben aus sozioökonomischen oder strukturbedingten Gründen nicht den gewünschten Erfolg. Gerade schulisch schwächere Teenager absolvieren oft Zwischenlösungen oder Brückenangebote. Sie sind besonders gefährdet, durch die Maschen zu fallen, wenn das formale Beziehungsnetz nach der offiziellen Schulzeit fehlt. Hier sieht Nina Nussbaumer grosses Potenzial für die offene Kinder- und Jugendarbeit. «Diese kann mit individuellem Coaching fehlende Unterstützung ersetzen.» Sie kann sich beispielsweise als Anlaufstelle für Fragen zur Berufsintegration engagieren, Arbeitstraining und Jobvermittlung anbieten oder die Infrastruktur zur Verfügung stellen, die es braucht, um Bewerbungen zu verfassen.

Nina Nussbaumer (30) legt in ihrer Bachelorarbeit in Sozialer Arbeit dar, welche Unterstützung Jugendliche beim Übergang von der Schule ins Berufsleben benötigen. Unter dem Titel «Nach der Schule in die Leere» diskutiert sie Vor- und Nachteile bestehender Programme, identifiziert Lücken und zeigt auf, wie sich die Offene Kinder- und Jugendarbeit einbringen kann. «Sie sollte ihre Leistungen sichtbar machen und sich im Berufsintegrationsprozess mit klaren Angeboten positionieren», findet die Autorin. Sie ist in der Gemeinde Fällanden ZH als Jugendarbeiterin tätig.

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