Von Tee, verliebten Therapeuten und Tabletten auf Knopfdruck

03.12.2019
4/2019

Wie lässt sich das Aroma des Pu-Erh-Tees charakterisieren? Wie häufig und in welcher Form kommen Verliebtheitsgefühle gegenüber Patienten in der Psychotherapie vor? Wie muss ein Automat aussehen, der bei der Einnahme von Medikamenten hilft? Drei Abschlussarbeiten liefern Antworten.

Wie der Tee zu seinem Aroma kommt

Der Pu-Erh-Tee wird in der chinesischen Medizin seit Jahrhunderten eingesetzt. Er soll unter anderem den Stoffwechsel anregen sowie das Immunsystem stärken. «Die beiden Sorten Scheng und Shou werden unterschiedlich fermentiert», erklärt Lebensmitteltechnologiestudentin Priscilla Laube. «Daraus ergeben sich drastische Aromaunterschiede.» Der Scheng wird unter natürlichen Bedingungen über Jahrzehnte veredelt. Das Resultat ist ein blumiges und fruchtiges Geruchsprofil. Der Shou wird hingegen beschleunigt fermentiert, was zu muffig-erdigen Geruchsqualitäten führt. Wie zahlreich und vielfältig die aromaaktiven Komponenten des koffeinhaltigen Tees sind, dokumentiert Priscilla Laube in ihrer Bachelorarbeit. «Ich musste erst lernen, wie man Aromen beschreibt», erzählt sie. «Was heisst würzig? Wie schmeckt blumig?» Ein Gerät half ihr dabei, ihren Geruchsinn zu schärfen. Mit sensorischen und instrumentell-analytischen Methoden fand sie schliesslich 53 Komponenten, welche für die Geruchsprofile der beiden Teesorten massgeblich verantwortlich sind. «Mir ist klar geworden, wie das typische Aroma zustande kommt.» Mit diesem Wissen möchte sie nun eine Analysemethode entwickeln, welche die Authentifizierung der beiden Teesorten ermöglicht. «Fälschungen kommen häufig vor, da der Tee sehr beliebt und entsprechend gesucht ist», sagt sie.

Priscilla Laube (26) hat im Rahmen ihrer Bachelorarbeit in Lebensmitteltechnologie das Aroma der Pu-Erh-Teesorten Sheng und Shou charakterisiert. Mit sensorischen und instrumentell-analytischen Methoden hat sie 53 aromaaktive Komponenten identifiziert. Die Sorte Scheng trinkt sie auch zu Hause gerne. «Sie schmeckt angenehm blumig und fruchtig», sagt sie. Priscilla Laube verfolgt ihr Studium am Departement Life Sciences und Facility Management weiter. Sie wird ihre Masterarbeit ebenfalls dem Getränk widmen.

Ein Automat, der die richtigen Medikamente herausgibt

Wer täglich mehrere Tabletten benötigt, verliert leicht den Überblick. Medikamente werden verwechselt, vergessen oder nicht in der verschriebenen Dosis eingenommen. Jonas Frei und Frederik Imhof haben sich der Problematik angenommen und einen Prototypen eines Automaten gebaut, der Anwender bei der korrekten Einnahme unterstützen könnte. 
Er lagert die benötigten Arzneien in der Originalverpackung, dem sogenannten Blister. Damit gewährleistet er einen optimalen Schutz der Präparate, bis diese eigenommen werden müssen. In einem speziellen Rahmen kann er bis zu sechs Blister mit unterschiedlich grossen und schweren Tabletten lagern. Soll er eine herausgeben, identifiziert er sie über eine Kamera und drückt sie mit Hilfe von Aktoren und Sensoren aus der Verpackung. 
«Es hat uns gereizt, ein potenziell markttaugliches Produkt von Grund auf zu entwickeln», sagen die beiden Bachelorabsolventen, die an der School of Engineering studiert haben und sich in früheren Projekten bereits mit ähnlichen Fragestellungen befasst hatten. «Wir konnten das erlernte Wissen in Mechanik, Elektrotechnik und Informatik optimal einsetzen.» Viel Zeit investierten sie unter anderem in die Bauweise. «Den Prototypen möglichst kompakt zu gestalten, war eine der grössten konstruktiven Herausforderungen», berichten sie. Sie haben das Gerät mehrheitlich aus 3D-gedruckten Teilen gebaut. Die Steuerung funktioniert über ein Display. Denkbar wäre es jedoch, diese weiterzuentwickeln und beispielsweise mit einer App zu kombinieren.

Jonas Frei (28) und Frederik Imhof (24) haben als Bachelorarbeit in Systemtechnik einen Prototypen eines Entblisterungsautomaten entwickelt. Dieser könnte Anwender dabei unterstützen, Tabletten rechtzeitig und wie vom Arzt verschrieben einzunehmen. Die ZHAW-Absolventen haben für ihre Entwicklung die Höchstnote sowie den Award der Brütsch Elektronik AG erhalten. Beide streben einen Master in Industrial Technologies an. 

Zu viel Nähe in der Therapie

Eine Therapeutin, die nochmals in den Spiegel schaut, bevor sie einem Patienten gegenübertritt. Ein Therapeut, der während einer Sitzung erotische Fantasien hat. Verliebtheit in der Psychotherapie ist ein Tabuthema. Sie kann nicht nur die therapeutische Arbeit beeinträchtigen. Führt sie zu sexuellen Handlungen, kann sie auch strafrechtliche Konsequenzen haben. «Gefühle von Verliebtheit sind brisant», sagt Esther Rhyn, die an der ZHAW einen Master in klinischer Psychologie abgeschlossen hat. «Sie erzeugen für die Betroffenen ein Spannungsfeld zwischen Verführung und Kontrollverlust einerseits sowie Schutz der Klientel und Aufrechterhaltung der therapeutischen Beziehung andererseits.» 
In welcher Form und wie häufig derartige Empfindungen vorkommen, dokumentiert die Absolventin anhand von 409 Stichproben. Sie zeigt zudem verschiedene Erklärungsmuster auf. Das von Sigmund Freud geprägte Konzept der Gegenübertragung ist eines davon. 
Fast alle der Befragten (95,3 Prozent) gaben an, mindestens einmal einen Patienten, eine Patientin attraktiv gefunden zu haben. Mehr als die Hälfte erlebten Verliebtheitsgefühle. Ebenso viele – darunter Männer mit einer 5,9 Mal erhöhten Chance im Vergleich zu Frauen – bejahten die Frage nach sexuellen Anziehungsgefühlen. Rund 42 Prozent der Therapierenden berichteten von sexuellen Fantasien; gut ein Viertel von Sehnsuchtsgedanken sowie Flirtverhalten. 4,2 Prozent gaben sich schon einmal erotischen Aktivitäten hin, 2,4 Prozent sogar sexuellen Handlungen. «Dies darf mit Blick auf die Missbrauchsproblematik nicht unbeachtet bleiben», sagt Rhyn. Sie hofft, mit ihrer Arbeit zur Reflexion, Diskussion und Sensibilisierung beizutragen.

Esther Rhyn (46) hat ihre Masterarbeit am Departement für Angewandte Psychologie über «Verliebtheitsgefühle gegenüber Patientinnen und Patienten in der Psychotherapie» geschrieben. Sie hat dafür schweizweit Online-Befragungen durchgeführt. «Die Übersetzung des Fragebogens und die Rekrutierung der Teilnehmenden war sehr aufwendig», erzählt sie. Ihr Engagement ist schliesslich mit der Note 6 belohnt worden. Esther Rhyn arbeitet als Psychologin in einer psychiatrischen Klinik und absolviert eine Weiterbildung in Systemischer Psychotherapie. Ein ausführlicher Beitrag wird in der Zeitschrift "Psychotherapie-Wissenschaft",  1-2020, erscheinen, siehe Website www.psychotherapie-wissenschaft.info.

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