Weshalb Fachhochschulen europäisch forschen sollten – fünf gute Gründe

22.06.2021
2/2021

Europäische Forschungsrahmenprogramme wie Horizon Europe sind insbesondere für Forschende aus Fachhochschulen interessant. 

Forschung lebt vom Austausch und vom Wettstreit um die bessere Erklärung. Sie ist damit schon immer in der Tendenz international, denn die Scientific Community als primärer Resonanzraum von Forschung ist nicht an nationalstaatliche Grenzen gebunden.

Selbst wenn ich beispielsweise zu den konkreten Formen der Unterstützung von armutsbetroffenen Familien im Kanton Aargau forsche, so tue ich dies in der Regel mit theoretischen und methodischen Ansätzen, die internationale Standards sind. Zudem kontrastiere ich meine Ergebnisse mit vergleichbaren Studien aus anderen Regionen auch ausserhalb der Schweiz, gerade um die Besonderheiten meines Untersuchungsgegenstandes besser herausarbeiten zu können.

Die hier an einem beliebig zu erweiternden Beispiel illustrierte Inter­nationalität von Forschung bedeutet noch nicht, dass diese durch ein europäisches Rahmenprogramm für Forschung und Innovation gefördert werden muss. Im beschriebenen Fall wird die Förderung in der Regel über den Schweizerischen Nationalfonds, eine Stiftung oder ein kantonales Amt erfolgen.

Wozu braucht es also ein Rahmenprogramm wie Horizon Europe und was sind die Spezifika, die insbesondere für Forschende aus den Fachhochschulen interessant sind? Hier die markantesten fünf Argumente:

1) Horizon Europe ist ein sehr grosser Forschungstopf

Beginnen wir mit dem schnöden Mammon. Horizon Europe ist mit über 90 Milliarden Euro ein sehr hoch dotiertes Forschungsförderungsgefäss. Dies erlaubt gut ausgestattete Projekte. Für die Fachhochschulen besonders interessant ist dabei, dass die Förderkriterien besser auf die Bedürfnisse der Fachhochschulen passen, als dies beispielsweise beim SNF der Fall ist.

2) Europäische Forschung ist Spitzenforschung

Auch wenn der Topf sehr gross ist, der Wettbewerb um den Topf ist noch grösser. Um die europäischen Fördermittel bewerben sich hoch qualifizierte Forschende aus ganz Europa. In diesem Wettbewerb zu bestehen, ist nicht einfach. Doch wenn es gelingt, illuminiert dies den Stellenwert der eigenen Forschung und verschafft eine hohe Reputation auch über die Scientific Community hinaus. Dies gilt nicht nur für die ERC Grants, die gemeinhin als die Champions League der Forschung gelten, sondern auch für die sog. kollaborativen Projekte.

3) Europäische Forschung ist inter- und transdisziplinär

In diesen kollaborativen Projekten arbeiten Forschende und Akteure aus der Praxis in grösseren Teams eng zusammen, um für ein spezifisches Problem die bestmögliche Lösung zu finden. Dies führt zu befruchtenden Kontakten innerhalb der Disziplinen – denn hier treffe ich auf renommierte Forschende auf meinem Gebiet – und zwischen den Disziplinen sowie den unterschiedlichen Forschungstraditionen.

4) Europäische Forschung ist angewandte Forschung

Mit der Ausschreibung von kollaborativen Projekten in sog. Clustern wie «Klima, Energie und Mobilität» oder «Gesundheit» reagiert die EU-Kommission auf spezifische gesellschaftliche und wirtschaftliche Heraus­forderungen wie den Klimawandel, die Digitalisierung oder die Alterung. Das macht sie für die Forschenden aus den Fachhochschulen besonders anschlussfähig, sind sie es doch gewohnt, auf konkrete, praxis­relevante Probleme umsetzbare Lösungen zu erarbeiten.

5) Europäische Forschung ist ­Forschung mit Praxispartnern

In den kollaborativen Projekten arbeiten Forschende nicht nur mit Forschenden aus Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen zusammen, sondern auch mit Partnern aus der Wirtschaft, der Zivilgesellschaft oder mit staatlichen Akteuren. Forschende aus den Fachhochschulen sind mit diesen Akteuren in der Regel bestens vernetzt und können diese Netzwerke mit Gewinn in die europäische Forschung einbringen.

Es gibt also zumindest fünf gute Gründe, um als Forscherin oder Forscher aus einer Fachhochschule europäisch zu forschen. Der Weg dahin ist nicht einfach, die Rahmenbedingungen sind schwieriger als auch schon – der Ertrag aber ist viele Anstrengungen wert.

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