Ackerböden fruchtbar halten – dank Infos via Radio
Wie kommt nützliches Know-how über Ackerbau und Bodenfruchtbarkeit zu den Bauern? Beispiele aus Afrika zeigen, dass Radiosendungen dabei eine wichtige Rolle spielen können. Forschende der ZHAW arbeiten mit 12 Partnerinstitutionen in Mali, Kenia, Sambia und Ghana unter anderem daran, erfolgreiche Konzepte zur Wissensvermittlung zu entwickeln.
Bis vor einem Jahr hat Lawrence Mbwirumwaji einfach nur das Wetter beobachtet. Wenn er dachte, dass die Regenzeit bald einsetzt, hat er Tomaten, Mais, Bohnen, Zwiebeln und Kohl auf seinem Acker im kenianischen Dorf Mwanjati gesetzt. Aber die Pflanzen auf seinem 1,2 Hektar grossen Feld wuchsen immer schlechter. «Meine Ernte ging zurück», erzählt er. Heute weiss der Bauer, weshalb: «Ich habe zu wenig darauf geachtet, dass sich der Boden erholen kann.»
Vergessene erprobte Techniken
Mbwirumwaji nimmt am Projekt «Farmer driven organic resource management to build soil fertility» (ORM4Soil) teil. «Wir untersuchen, weshalb Kleinbauern in Afrika erprobte Techniken zum Erhalt der Fruchtbarkeit der Böden viel zu selten einsetzen», erklärt Christoph Spurk, Projektleiter Forschungsprojekte Medien und Journalismus in Entwicklungsländern am Institut für Angewandte Medienwissenschaft (IAM) der ZHAW. Ziel des sechsjährigen, interdisziplinären Projekts ist es, Bauern in Mali, Kenia, Sambia und Ghana aufzuklären, wie sie die Fruchtbarkeit der Böden steigern können, und sie zu überzeugen, auf Dauer solche Methoden anzuwenden. Denn das Projekt läuft Ende des Jahres aus.
«Ich habe zu wenig darauf geachtet, dass sich der Boden erholen kann.»
Spurk und sein Team vom IAM kümmern sich um die sozialwissenschaftliche Erhebung und um das Kommunikationskonzept zwischen Forschern und Bauern. Das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FibL) deckt die agrartechnische Seite ab. Insgesamt arbeiten 21 Forscher der Agronomie, der Sozial- und der Kommunikationswissenschaft an 12 Partnerinstitutionen in den vier afrikanischen Ländern und in der Schweiz zusammen. Sie betreuen 1800 Kleinbauern. Ausserdem schreiben 25 Studierende der afrikanischen Universitäten ihre Master- und Doktorarbeiten im Rahmen von ORM4Soil.
Der Bauer Mbwirumwaji freut sich über die neuen Erkenntnisse, die er dank des Trainings erhalten hat. Er hackt jetzt nicht mehr den ganzen Acker um, sondern gräbt nur noch dort Löcher, wo er eine Pflanze setzen will. Ausserdem ist er auf Mischkultur umgestiegen. So baut er mit dem Mais auch Bohnen an. Die Blätter der Maispflanze schützen den Boden besser vor Sonne, und die Wurzeln der Bohnen geben Nährstoffe für den Mais ab.
Mischkultur, Tiermist oder andere Techniken
Die Methoden, um die Böden fruchtbar zu halten, variieren je nach geografischen, klimatischen und kulturellen Gegebenheiten. Zum Beispiel können Bauern Blätter und kleine Äste der Baumsorte Gliricidia sepium, die zwischen Mais und Sorghumhirse-Reihen gepflanzt wird, in den Boden einarbeiten und so Humus herstellen. Einen Teil der Blätter können sie zudem den Ziegen verfüttern.
Kulturelle Hindernisse
Allerdings müssen die Setzlinge erst mal eingezäunt werden. Sonst fressen die Ziegen sie auf. Andere Techniken sind, Tiermist in grosser Menge auf dem Feld zu verteilen, leer geerntete Fruchtstände von Ölpalmen klein zu schneiden und in den Boden einzuarbeiten oder eben Mischkultur, wie sie der kenianische Bauer Mbwirumwaji betreibt.
«Fahren Sie mal 50 Schubkarren Mist auf ein Feld und verteilen sie in Handarbeit!»
So gut wie bei ihm klappt es allerdings nicht bei jedem. Manchmal stehen kulturelle Hindernisse im Weg. So dürfen Frauen in manchen Regionen in Mali keine Bäume pflanzen. Das ist dort nur Männern erlaubt, weil sie damit ihr Territorium markieren. Anderen ist die Arbeitsbelastung zu gross. «Fahren Sie mal 50 Schubkarren Mist auf ein Feld und verteilen sie in Handarbeit!», gibt Spurk zu bedenken. Es sei auch mühsam, grosse Mengen Grünzeug mit der Gartenschere klein zu schneiden und auf dem Feld auszubringen.
«Manche Teilnehmer geben auf», bedauert Spurk. Die Ausstiegsrate beträgt an den acht Orten, wo das Projekt stattfindet, je nach Technik zwischen einem und 41 Prozent. Spurk wünscht sich, dass in einem nächsten Schritt erforscht wird, weshalb manche aufgeben und wie man ihnen helfen könnte, dabeizubleiben. Zum Beispiel könnten Geräte, um Äste oder Fruchtstände zu häckseln, oder eine Kooperative, die für alle im Dorf den Viehmist kompostiert und zu den Feldern bringt, die Arbeit erleichtern, glaubt Spurk.
Wissen aus dem Radio
Der Forscher sieht aber auch Luft nach oben bei der Kommunikation mit den Bauern. Zum Projekt, das der Schweizerische Nationalfonds und die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit mit insgesamt 3,3 Millionen Franken finanzieren, gehört die Aufklärung über Radios in Lokalsprache. Die Journalisten und Experten wiesen nicht immer genügend darauf hin, dass es sich langfristig auszahlt, wenn der Boden fruchtbar bleibt, und dass auch die Fähigkeit steigt, das Wasser im Boden für die Pflanzen verfügbar zu halten. Wo die Radios gut informieren, seien die Bauern eher interessiert, stellt Spurk fest.
Die Journalisten von Radio Breeze FM in der sambischen Provinzhauptstadt Chipata laden Experten mit fundiertem Wissen zu Debatten ein und gehen vor Ort zu den Bauern, um sich zu überzeugen, ob die Kleinfarmer mit der neuen Arbeitsweise zufrieden sind. «Wir haben sehr viele Reaktionen von Hörern», berichtet Samuel Ndhlovu, Manager von Breeze FM. Bauern fragen zum Beispiel, in welchem Abstand sie die Pflanzen bei Mischkultur setzen müssen oder wie oft sie mit Viehmist düngen sollen. «Viele bedanken sich, dass sie im Radio gratis eine Fortbildung bekommen», erzählt Ndhlovu.
«Wenn alle im Dorf mitmachen, können wir uns ernähren und Überschüsse auf dem Markt verkaufen.»
Ähnlich argumentiert Kommunikationsexperte Spurk. «Bauern in afrikanischen Ländern haben selten die Gelegenheit, sich fortzubilden. Man könnte über das Radio Ausbildungen anbieten, bei denen sie einen Abschluss erwerben», sagt er. Weshalb aber wissen Bauern in Afrika nicht selbst, wie sie Böden und Pflanzen behandeln müssen? Schliesslich wird Landwirtschaft dort seit Jahrhunderten betrieben. Spurk hat das nicht erforscht, aber eine Vermutung: «Mit dem Bevölkerungsdruck und dem Klimawandel haben sich die Rahmenbedingungen radikal verändert.» So können es sich etwa grosse Familien nicht mehr leisten, ein Feld brach liegen zu lassen, wie es früher Tradition war.
Gegen die Landflucht
Der kenianische Bauer Mbwirumwaji schwört jedenfalls auf sein neues Wissen. «Wenn alle im Dorf mitmachen, können wir uns ernähren und Überschüsse auf dem Markt verkaufen», sagt er. Dann bräuchten die Jungen nicht mehr in die Stadt wegziehen. «Dort hängen sie nur arbeitslos herum», bedauert Mbwirumwaji.
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