Bessere Luftfilter und Textilien, die sich selbst desinfizieren

01.07.2020
2/2020

Die Covid-19-Pandemie weckt den Erfindergeist. Am ZHAW-Institut für Chemie und Biotechnologie sind zwei Forschungsteams dabei, mit ihren Innovationen den Schutz vor dem Coronavirus zu verbessern.

Elektronische Textilien, die sich selber desinfizieren können, daran arbeitet die Fachgruppe Analytische Technologien unter Chahan Yeretzian. Der anvisierte Stoff ist dreilagig: eine Membran zwischen zwei leitenden Schichten. Legt man eine elektrische Spannung darin an, so werden Ozon und andere Sauerstoffradikale freigesetzt, die Viren und Bakterien töten. So lässt sich die Oberfläche des Textils auf Knopfdruck sterilisieren, und zwar viel gründlicher als mit gängigen Desinfektionsmitteln. Der erzeugte Strom und auch die Ozonmenge sind dabei so klein, dass sie für Menschen ungefährlich sind.

Prinzip wurde erprobt an Sportjacken

Die Idee stammt von der Firma Osmotex aus Thalwil. Diese Firma hat auch die zugrundeliegende Technologie entwickelt: 2018 brachte sie elektronische Textilien auf den Markt, die Schweiss effizient nach aussen transportieren – was ideal ist für Sportjacken. Schon hierfür gab es eine Zusammenarbeit mit der ZHAW. «Lustigerweise war es damals unsere Aufgabe, die Bildung von flüchtigen Stoffen wie Ozon zu reduzieren», sagt Chahan Yeretzian. «Im Corona-Zeitalter ist es umgekehrt: Nun prüfen wir, wie sich die Bildung von Ozon optimieren und dosieren lässt.» Eine Vorstudie, gefördert von der Innosuisse, läuft bereits, der Antrag für ein grösseres Projekt ist eingereicht.

Gesichtsmasken oder eine kleine Tasche

Legt man elektrische Spannung an, werden Ozon und andere Sauerstoffradikale freigesetzt, die Viren und Bakterien töten.

Eine Sterilisiertasche , in die man Handy, Fotoapparat oder Schlüssel reinstecken und auf Knopfdruck sterilisieren kann .

Wird es bewilligt, wollen die Forscher schon Ende Jahr erste Produkte präsentieren: Gesichtsmasken etwa oder eine kleine Tasche für unterwegs, in der man sein Handy oder Münz desinfizieren kann. Trond Heldal, der Forschungsleiter von Osmotex, hat aber noch viel mehr Ideen: «Schutzanzüge für das Gesundheitspersonal zum Beispiel. Sinnvoll wäre der Einsatz von selbstreinigenden Textilien, aber auch für Sitzbezüge im öffentlichen Verkehr – und ganz generell für Oberflächen, die oft berührt werden.» Unterstützt werden die Forscher von den ZHAW-Fachgruppen Mikrobiologie und Molekularbiologie von Martin Sievers sowie Funktionelle Materialien und Nanotechnologie von Christian Adlhart.

Bessere Atemschutzfilter

Adlhart leitet überdies ein weiteres Innosuisse-Projekt: die Entwicklung einer neuen Generation von Atemschutzfiltern. «Im Antrag von 2019 sprachen wir explizit von Pandemieschutz – wir dachten dabei aber an Ebola», sagt Adlhart. Selbstverständlich werde der neue Filter aber auch gegen Coronaviren wirken. Entsprechend hatten die Wissenschaftler auch eine Sondergenehmigung erhalten, sodass sie während des Lockdowns weiterforschen durften.

Der neue Filter entsteht in Zusammenarbeit mit der TB-Safety in Frick. Die Firma ist eine führende Anbieterin von Ganzkörper-Schutzanzügen, wie sie etwa Ärzte in Krisensituationen tragen. Im Projekt geht es um Filter, die in die Rückseite des Anzugs integriert werden, zusammen mit einem Gebläse, das permanent frische Luft hineinbringt.

Besser filtern und atmen dank Nanofasern 

«Das Grundproblem von Filtern ist: Je kleiner die Löcher, desto besser zwar die Filtrierleistung –  aber desto grösser auch der Widerstand für die Luft, die man durchpresst», sagt Adlhart. So wächst der Energiebedarf des Gebläses, die Batterie müsste riesig sein. Die Lösung: Nanofasern, die hundertmal dünner sind als menschliches Haar. Dank ihrer grossen Oberfläche filtern sie gut, lassen aber dennoch genügend Luft durch. Im aktuellen Projekt ordnen die Wädenswiler Forscher diese Fasern dreidimensional an, sodass eine schaumgummiartige, bis zu zwei Zentimeter dicke Schicht entsteht. Erste Tests zeigen, dass so gebaute Filter hervorragend funktionieren und sehr lange eingesetzt werden können. Derzeit arbeitet man daran, die Herstellung der Nanofaser-Struktur zu vereinfachen. Digitale Unterstützung kommt dabei von der ZHAW-Fachstelle Biomedizinische Simulation um Sven Hirsch. Bis Ende Jahr sollten die Prototypen des neuen Filters validiert und getestet sein.

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