Der Umgang mit der Stille
Patrik Eschle ist kein Freund der Videotelefonie. Dachte er zumindest bis vor kurzem. «Mein letzter Skype-Anruf war so ums Jahr 2005. Der Ton war schlecht, die Verbindung brach ab.» Deswegen stand der Dozent dem Fernunterricht anfänglich skeptisch gegenüber. Und wurde ungeheuer positiv überrascht.
«Technisch funktionieren Zoom und MS-Teams hervorragend. Gruppenarbeiten in virtuellen Räumen sind für die Studenten sogar angenehmer als in echt», sagt Patrik Eschle, der an der School of Engineering Physik unterrichtet. Sein Unterricht besteht normalerweise aus Vorlesungen und Experimenten direkt im Hörsaal. In diesen führt er den Studenten beispielsweise den Photoeffekt vor oder sie messen zusammen die Lichtgeschwindigkeit. Experimente können aktuell höchstens virtuell durchgeführt werden. Doch was die Vorlesungen angeht, hat sich für Eschle wenig geändert. Sie finden zur gleichen Zeit statt, mit dem gleichen Unterrichtsstoff. Und dennoch sind sie für den 60-Jährigen eine komplette Neuerfahrung.
Stummgeschaltete Mikrofone
«Ich habe lernen müssen, mit Stille umzugehen», sagt Eschle schmunzelnd. Denn im Hörsaal herrsche immer ein gewisser Geräuschpegel. Wenn er jedoch in der digitalen Vorlesung nicht spricht, ist es totenstill. Die Mikrofone seiner Studenten sind auf stumm geschaltet. Auch die Kameras sind aus. Sowohl die der Studenten als auch Eschles. «Ich finde, dass das Bild des Dozenten während Vorträgen ablenkt. Ich bin zwar attraktiv, aber nicht so sehr, dass es der Aufmerksamkeit förderlich wäre», scherzt er. Der Physiker gestaltet den Unterricht für seine Studierenden jedoch möglichst abwechslungsreich. Zur Aufmerksamkeitssteigerung unterbricht er seine Vorlesungen alle 30 Minuten und lässt die Studenten ein virtuelles Experiment durchführen oder zeigt ihnen einen Clip auf Youtube. «Mir ist bewusst, dass es zuhause mehr Ablenkung und Versuchungen als im Hörsaal gibt. In den eigenen vier Wänden ist es schliesslich nur ein kurzer Weg zum Kühlschrank.»
Die Krux mit der Online-Prüfung
Etwas Kopfzerbrechen bereitet Eschle aktuell das Durchführen der Semesterprüfungen. «Physik kann man online nicht gut prüfen. Wichtig ist der Weg zur Lösung und weniger die Lösung selbst.» Er fordert seine Studenten darum auf, während der Prüfung Notizen zu machen und diese danach als Foto einzusenden. Auch wenn Eschle wegen der Pandemie massiv mehr Zeit in die Vorbereitung seines Unterrichts stecken musste, kann er der Krise etwas Positives abgewinnen. «Ich arbeite irgendwie entspannter. Kein Pendeln, weniger Meetings. Und wenn die Studenten auf Youtube einen Clip schauen, kann auch ich mal schnell zur Kaffeemaschine.»
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