Die Netto-Null-Party

30.11.2021
4/2021

Stellen Sie sich vor, wir feiern den Tag, an dem wir Netto Null erreichen. Wie könnte die Welt dann aussehen? Hier eine von mehreren Kurzgeschichten und Bildern, mit denen Forschende der ZHAW Interessierte mitnehmen auf eine Zeitreise in eine nachhaltige Landschaft im Jahr 2050.

Als die Dämmerung einbricht, beginnen die Lichterketten im Quartier zu leuchten.

«Jetzt geht’s los», sagt Carla zu ihrem Freund Tobias. «Aber ich bin am Verhungern!»

«Gut! Es gibt unglaublich viel leckeres Essen heute», sagt Tobias mit strahlenden Augen und lässt seinen Blick über das grüne Quartier schweifen. Die mit Bäumen bestückten Grünflächen füllen sich langsam mit jungen und alten Menschen. Sie essen Lupinenburger, dazu Rüebli-, Tomaten- und Gurkensalat aus den lokalen Gemüsegärten und trinken vom quartiereigenen süssen Weisswein. Denn heute wird gefeiert. Nicht nur hier, sondern rund um den Globus. Von Reykjavik bis Harare, von Kuala Lumpur bis New York, von Novosibirsk bis Buenos Aires versammeln sich die Menschen in ihren Quartieren.

Eine neongrüne Null

Es ist kurz vor Mitternacht, als die Fassade des höchsten Gebäudes im Quartier zu funkeln beginnt. Sie dient als Interface, die durch ein integriertes Photovoltaik-System tagsüber Energie speichert und nach Einbruch der Dunkelheit Strom für die Beleuchtung und Ausstrahlung von Bildern liefert.

Carla, Tobias und die anderen Menschen im Quartier starren gebannt auf die Fassade. Dann – Punkt Mitternacht – zuckt und blitzt es wie ein Feuerwerk und schliesslich leuchtet überall auf der Welt dasselbe Bild auf den Interfaces: eine neongrüne Null. Die Menschen tanzen, umarmen sich und jubeln. Denn soeben ist der erste Tag verstrichen, an dem der globale Ausstoss von Treibhausgasen bei Netto Null lag.

Was wäre, wenn man das Ziel nicht erreicht hätte?

Als Hologramm in der Luft schwebend, erscheint die Präsidentin des Weltklimarats. Sie wischt sich eine Träne aus dem linken Auge und hebt wortlos beide Fäuste. «Thank you! Gracias! Mahalo! Xie Xie! Spasiba! Danke!», ruft sie in die Menschenmenge. Alle verstummen und die renommierte Klimaforscherin erzählt, wie die Welt aussehen würde, hätte die Menschheit ihre Klimaziele verfehlt:

«Die Temperatur der Erdatmosphäre wäre um vier Grad höher als vor Beginn der Industrialisierung, die Gletscher wären abgeschmolzen, Korallenriffe und Mangrovenwälder zerstört. Taifune, Sturmfluten und Dürren würden häufiger über die Kontinente fegen. Einige Inseln und Küstenstädte hätte das Meer verschluckt, viele Tier- und Pflanzenarten wären ausgestorben – unglaublich, dass wir nur knapp an diesem Schreckensszenario vorbeigeschrammt sind.» Ein Raunen geht durch die Menge. Dem ernsten Gesichtsausdruck der Präsidentin entweicht ein breites Grinsen.

«Aber zum Glück kann ich heute sagen: Danke an alle Visionäre, die fossilfreie Energieträger vorangetrieben haben, die uns eine emissionsfreie Mobilität ermöglicht haben, mit deren Hilfe wir genügend und saubere Nahrung für jeden Weltbürger produzieren können. Danke an jede und jeden von euch. Ihr habt mit eurem Handeln die Industrie und die Staaten aufgerüttelt und dazu gebracht, auf die Wissenschaft zu hören. Und nun lasst uns feiern!»

Auf der interaktiven Gebäudefassade erscheinen eine Trompetenspielerin, ein Gitarrist und eine Sängerin, die in Lissabon auf einer Bühne stehen. Dann beginnen sie zu spielen. Einige Menschen heben ihre Kinder auf ihre Schultern, Carla und Tobias halten sich an den Händen und singen mit. Ein paar andere wiegen sich gedankenverloren im Takt. 

Zwischenhalt Zukunft / alle Collage: Monica Ursina Jäger 

Erneuerbare Energien

Zwischenhalt Landwirtschaft

Zwischenhalt Stadtökologie

Zwischenhalt Tourismus

Zwischenhalt Wildtiere

Zwischenhalt Zukunft – eine Ausstellung und Kurzgeschichten

Haben Sie sich schon einmal gefragt, wie Ihre Stadt in 30 Jahren aussehen könnte? Oder wie sich die Landwirtschaft wandeln könnte? Oder wie eine nachhaltige Energiezukunft wirklich möglich wäre? Diesen und vielen weiteren Fragen gehen Forschende der ZHAW am Standort Wädenswil nach. 

Die Forschungsgruppe Nachhaltigkeitskommunikation und Umweltbildung hat gemeinsam mit den Forschungsgruppen Geography of Food, Erneuerbare Energien, Stadtökologie, Tourismus und Nachhaltige Entwicklung sowie Wildtiermanagement Landschaftsvisionen einer nachhaltigen Zukunft im Jahr 2050 entwickelt. Als Schaufenster ins Morgen finden Sie diese nun in den Lehr- und Forschungsgärten auf dem Campus Grüental. Auf dem Weg vom Campus Grüental zum Campus Reidbach machen die Zwischenhalte Zukunft diese Forschung begehbar. Während des kurzen Spaziergangs erleben die Besuchenden über sechs Stationen eine Zeitreise ins Jahr 2050. Dort finden sie Landschaften von morgen, wie sie sich die Forschenden der ZHAW für die Zukunft wünschen und aufgrund ihrer Ergebnisse imaginieren. 

Die Kurzgeschichten von *Stephanie Schnydrig wurden extra für die Ausstellung «Zwischenhalt Zukunft» verfasst wurden. Die Kurzgeschichten liefern interessante Anekdoten aus den abgebildeten Landschaften und ihren wissenschaftlichen Hintergründen. Was macht beispielsweise eine Kaminfegerin im Jahr 2050?

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