«Es geht nur gemeinsam – und anders»
Kaum eine Arbeitsstelle wird in zehn Jahren noch so sein wie heute, täglich tauchen neue Technologien auf, und neuartige Geschäftsfelder werden erschlossen. Mit einer strategischen Initiative setzt sich die ZHAW mit diesen dynamischen Veränderungen der digitalen Transformation auseinander.
Im Herbst 2018 hat die Hochschulleitung die strategische Initiative ZHAW digital beschlossen. Was muss man sich darunter vorstellen?
Daniel Baumann: Entstanden ist diese Initiative, weil wir durch die Digitalisierung Dynamiken unterworfen sind, auf die wir wenig Einfluss haben. Die digitale Transformation geschieht, ob wir mitmachen oder nicht. Was wir aber tun können, ist, nicht einfach nur zu reagieren, sondern den Wandel mitzugestalten. Dieses aktive Mitgestalten ist für mich der Kern der strategischen Initiative. Grundsätzlich geht es nicht darum, neue Grossprojekte einzuleiten. Unsere Hauptaufgabe ist es, strukturelle Rahmenbedingungen zu schaffen, um gezielt zu unterstützen, was bottom-up zur digitalen Transformation beigetragen wird.
Was bedeutet das konkret?
Thilo Stadelmann: Auf inhaltlicher Ebene wollen wir identifizieren, bündeln und unterstützen, was viele Forschende, Dozierende und administrative Mitarbeitende in ihren Fachgebieten hinsichtlich Digitalisierung bereits leisten. Denn gebündelt wird die Schlagkraft von Einzelmassnahmen erhöht. Wir wollen Personen, die eine konkrete Problemstellung haben, zusammenbringen mit denjenigen Fachleuten, welche Lösungsansätze bieten. Dazu braucht es aber zwingend Sichtbarkeit. So können Fachbereiche voneinander profitieren, und Neues kann entstehen. Beispielsweise wollen wir unsere Expertise im Bereich Datenanalyse Personen zugänglich machen, die sich mit zukünftigen Arbeitsformen befassen. Oder wir können unsere Erkenntnisse über Digitalisierung und Gesellschaft auf das Studium der Zukunft übertragen.
Baumann: Mit den bestehenden traditionellen Organisationsstrukturen sind wir zu träge, um auf die heutigen Dynamiken reagieren zu können. Dies ist mit einem Supertanker vergleichbar, der einfach zu langsam ist, wenn ein rascher Richtungswechsel erforderlich ist. Wir müssen deshalb neue Formen der Zusammenarbeit finden: Personen sollen nicht aufgrund ihrer Hierarchiestufe oder Abteilungszugehörigkeit zusammenarbeiten, sondern aufgrund ihrer Interessen und Kompetenzen. Rahmenbedingungen zu schaffen, um diese organisatorischen Strukturen zu begünstigen, wird meine Aufgabe sein.
Anfang des Jahres haben Sie mit der Arbeit begonnen. Was ist Ihrer Meinung nach die grösste Herausforderung für eine erfolgreiche Umsetzung?
Baumann: Wir werden vermutlich irritieren. Denn wir werden mit einer organisatorischen Steuerungslogik arbeiten, die sich stark von derjenigen der ZHAW unterscheidet. Diese unterschiedlichen Funktionsweisen werden im Laufe der Initiative aufeinandertreffen. Doch genau diese Irritation gehört zu unseren Aufgaben. Wir müssen den Diskurs anregen, was Digitalisierung mit uns macht und wie wir sie am besten nutzen können. Das beinhaltet durchaus auch das Risiko zu scheitern. Wenn es uns aber gelingt – und davon bin ich überzeugt, sonst hätte ich den Job nicht angenommen –, dann haben wir nicht nur die Digitalisierung gemeistert, sondern etwas in der Schweizer Hochschullandschaft vermutlich Einzigartiges erreicht.
Stadelmann: Es geht nur gemeinsam – und anders. Diese Initiative kann nur gelingen, wenn wir gemeinsam arbeiten und wenn die Initiative selbst in ihrer Funktionsweise anders ist. Das wird ein Umdenken erfordern, denn wir müssen neue Rollen wahrnehmen, die für uns ungewohnt sind. Fachlich können wir nicht scheitern. Wir haben viele Expertinnen und Experten, die schon Grossartiges leisten, und können in vielen Bereichen auch international mithalten. Scheitern könnten wir aber organisatorisch, nämlich dann, wenn wir unsere Experten nicht in dem unterstützen, was sie brauchen.
Die Initiative ist für die nächsten fünf bis maximal zehn Jahre geplant. Schauen wir in die Zukunft: Was ist das Ziel?
Stadelmann: Wir haben unser Ziel erreicht, wenn die neuen Organisationsformen und die digitale Kultur in die DNA der Mitarbeitenden übergegangen sind. Das geschieht, wenn die Rahmenbedingungen geschaffen wurden, um im stetigen Wandel dauerhaft navigieren zu können. Man könnte fast sagen, das Ziel ist schlussendlich, uns selbst wieder abzuschaffen.
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