Gutes tun – aber nachhaltig
Noch haben Non-Profit-Organisationen aus dem Sozialbereich häufig ein ambivalentes Verhältnis zum Thema Nachhaltigkeit, weil es als zeit- und kostenaufwendig gilt. Doch das müsste nicht sein.
Kaum ein Tag vergeht, an dem Medien nicht über Klimawandel, Energie- und Ressourcenknappheit berichten. Das Thema Nachhaltigkeit (Sustainability) hat an Aufmerksamkeit gewonnen, nicht zuletzt durch Schüler-Demos und Hitzesommer. Unternehmen werden in die Pflicht genommen, umwelt- und ressourcenschonend zu wirtschaften und ihre Anstrengungen transparent zu machen.
NPOs unter der Lupe
Doch wie sieht das bei Non-Profit-Organisationen (NPO) aus, bei denen Gutes tun quasi zum Kerngeschäft gehört? Helene Eller, Forscherin vom Institut für Financial Management an der ZHAW, ging dieser Frage bei Einrichtungen aus dem Sozialbereich wie Alters- und Pflegeheimen oder Kinderbetreuungseinrichtungen in der Deutschschweiz nach. Ihr Fazit: «Für NPOs hat das Thema Nachhaltigkeit noch nicht erste Priorität.» Häufig seien die Besitzverhältnisse bei den Gebäuden ein Hindernis oder die Annahme, das Engagement für mehr Nachhaltigkeit sei mit hohem Zeit- und Kostenaufwand verbunden. «Da sie qua ihrer Mission bereits Gutes tun, verspüren sie weniger Druck vonseiten der Öffentlichkeit und ihrer Stakeholder, ihre Leistungen im Sinne einer Nachhaltigkeit transparent zu machen», sagt Eller. Letztlich setzten die Organisationen jedoch mehr Massnahmen um, als sie berichten, wie ihre nachfolgenden Untersuchungen zeigten.
Fallstudie Alters- und Pflegezentrum
Eller begann ihre Forschung mit einer Fallstudie über das Alters- und Pflegezentrum in Amriswil (APZ) im Kanton Thurgau. Gesetzliche Vorgaben waren 2016 der Auslöser dafür, dass sich das APZ der Nachhaltigkeits-Thematik annahm. In einem Alters- und Pflegeheim gibt es zahlreiche energieintensive Anlagen: Wasseraufbereitungsanlagen, Waschanlagen, Lüftung und Heizung und vieles mehr. Am Anfang erhob das APZ den gesamten Energieverbrauch im Tagesverlauf. Das Ergebnis sollte die Basis für das erste Etappenziel sein: den Energieverbrauch in zehn Jahren um zehn Prozent zu senken.
Einsparungen möglich
Zur Freude der Heimleitung zeigte sich bald, dass Nachhaltigkeit nicht nur Geld kostet, sondern dass auch Einsparungen möglich sind. Die Warmwasseraufbereitung konnte zum Beispiel deutlich redimensioniert werden. Dies unter anderem deshalb, weil in der Lingerie und der Abwaschküche eine Anlage zur Weiterverwendung der Abwärme eingebaut wurde. In den Sommermonaten erfolgt die Warmwasseraufbereitung ausschliesslich über diese Abwärme. Gleichzeitig wurden durch diese Änderungen die Arbeitsbedingungen für die Mitarbeitenden verbessert, da die Abwärme besser abgeleitet wird. Zudem konnten die Alterswohnungen an das örtliche Fernwärmenetz angeschlossen werden. Weitere Massnahmen sollen folgen.
Seit kurzem liegen auch Ergebnisse einer Umfrage unter den Einrichtungen aus dem Sozialbereich vor. Auch wenn die Rücklaufquote mit 26 Prozent eher bescheiden ausfiel, lassen sich aus dem vorhandenen Datenmaterial deutliche Tendenzen ablesen: Massnahmen, die beeinflusst werden können, werden bereits bei den meisten NPOs realisiert. «Dazu gehören vor allem ein Abfallmanagement, der Einkauf regionaler und lokaler Lebensmittel sowie von Bioprodukten oder die Reduktion von Essensabfällen», erklärt die Forscherin. Massnahmen der sozialen Nachhaltigkeit sind Einrichtungen, die an der Umfrage teilnahmen, besonders wichtig.
Die Forschungsergebnisse zeigen, dass die Umsetzung von Nachhaltigkeit in Einrichtungen aus dem Sozialbereich aufgrund der hohen Zahl an Organisationen grosse Aufmerksamkeit verdient, wie Eller betont: «Es gibt ein grosses Potenzial für optimierten Ressourceneinsatz zum Wohl der Umwelt, aber auch der Mitarbeitenden und Bewohnerinnen und Bewohner beziehungsweise Nutzerinnen und Nutzer aller Altersstufen.»
Nachhaltigkeitsmodelle für NPOs
In den letzten Jahren sind zahlreiche Modelle zur Umsetzung der Nachhaltigkeitspostulate entstanden. Diese haben jedoch alle den Fokus auf gewinnorientierten Unternehmen. Für NPOs gibt es bislang keine geeigneten Modelle zur Umsetzung. Bedeutsam sind in jedem Fall folgende Kernaufgaben:
1. Wesentlichkeitsanalyse: Welche Aspekte sind für die NPOs wesentlich? (Wichtig für die innerbetriebliche Akzeptanz)
2. Definition der Anspruchsgruppen: Die relevanten Anspruchsgruppen werden im Rahmen eines Stakeholderdialoges eingebunden.
3. Organisatorische Verankerung: «Business-Case», der einer Abteilung verantwortlich zugeordnet ist? Oder Bestandteil des strategischen Zielkatalogs einer Organisation?
4. Reporting: Auch NPOs sollten mittel- und längerfristig ihre Stakeholder über getätigte Aktivitäten informieren.
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