Heizen im Winter, kühlen im Sommer
Die beliebteste Alternative zu fossilen Heizungen ist in der Schweiz eine Wärmepumpe. Sie liefert saubere Heizenergie aus Umweltenergie und Strom.
Dicke Rauchwolken, die gemächlich aus Kaminen puffen, waren früher ein Symbol von Winteridylle. Heute stellt man sich vor allem die Frage, wie man von ihnen wegkommt. Fossile Heizungen machen in der Schweiz etwa 40 Prozent der klimaschädlichen CO2-Emissionen aus. Wer auf ein Heizsystem umstellt, das auf erneuerbaren Energiequellen basiert, leistet damit einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. «Wärmepumpen bieten ein enormes Potenzial, um die allseits angestrebte Dekarbonisierung voranzutreiben», bestätigt Frank Tillenkamp, Leiter des Instituts für Energiesysteme und Fluid-Engineering (IEFE). «Man nehme drei Teile Umweltenergie aus Luft, Wasser oder Erdwärme und einen Teil elektrische Energie und erhält vier Teile Heizenergie – genial, oder? Wird eine Wärmepumpe mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben, ist ihr Betrieb quasi CO2-neutral.»
«Wärme ist wertvoll. Man sollte immer nur mit der Temperatur arbeiten, die wirklich benötigt wird.»
Zudem sei die bestechende Eigenschaft von Wärmepumpen, dass man die Temperatur auf ein klar definiertes Niveau bringen kann, ergänzt Tillenkamp. «Diesen Grundsatz vermitteln wir unseren Studierenden am IEFE von Anfang an: Wärme ist wertvoll. Man sollte immer nur mit der Temperatur arbeiten, die wirklich benötigt wird.» Während die Verbrennung von Öl, Holz oder Gas Temperaturen von bis zu 2000 Grad in der Flamme erreichen kann, sind für das Heizen mit einer Bodenheizung gerade mal 35 Grad Wassertemperatur und bei Radiatoren 55 Grad nötig. «Beide Systeme eignen sich sehr gut für eine Umstellung auf eine Wärmepumpe», beteuert Tillenkamp.
Unterschiedliche Typen
Eine Wärmepumpe funktioniert nach demselben Prinzip wie ein Kühlschrank, nur umgekehrt. Sie kann sowohl heizen als auch kühlen. «Man geht davon aus, dass in Zukunft der Energiebedarf für das Kühlen von Gebäuden sehr stark zunehmen wird», erklärt Christian Stahel, wissenschaftlicher Mitarbeiter am IEFE. «Bei grossen Gewerbegebäuden sind Wärmepumpen deshalb ideal, weil sie sowohl den Wärmeenergiebedarf im Winter als auch im Sommer umweltfreundlich bereitstellen können.»
«Wie schnell sich eine Wärmepumpe amortisiert, hängt aber in erster Linie von den Energiekosten ab.»
Die Energie, die dabei zum Einsatz kommt, kann aus unterschiedlichen Quellen gewonnen werden: Eine Luft-Wasser-Wärmepumpe bezieht die Energie aus der Umgebungsluft. Mit 73 Prozent Anteil an den Verkäufen 2021 ist sie der beliebteste Typ in der Schweiz. Als Nachteile gelten vor alle Lärmemissionen, die durch den Kompressor und die Ventilatoren entstehen. Sole-Wasser-Wärmepumpen bedienen sich mit einer Erdsonde der Erdwärme. Diese Geräte haben einen Marktanteil von rund 25 Prozent. Ihr Nachteil sind vor allem die hohen Kosten für die Erdsondenbohrung. Zudem muss das Grundstück für die Bohrung und die dafür notwendigen Bauarbeiten geeignet sein. Wasser-Wasser-Wärmepumpen beziehen die Energie aus dem Grundwasser oder aus Seen. Diese Nutzung ist stark reglementiert. In der Regel sind es kommunale Verbünde, denen man sich als Privatpersonen anschliessen kann, wenn man im entsprechenden Einzugsgebiet lebt.
Lieber heute als morgen umsteigen
So überzeugend die Vorteile einer Wärmepumpe sind, die Kosten haben oftmals noch eine abschreckende Wirkung: Die Anschaffung einer Wärmepumpe kann je nach Ausführung (Erdsonde usw.) einiges teurer sein als die einer Öl- oder Gasheizung. Die Betriebskosten sind jedoch entscheidend für einen Schritt zur Dekarbonisierung der Wärmeerzeugung – und da führt die Wärmepumpe. «Wie schnell sich eine Wärmepumpe amortisiert, hängt aber in erster Linie von den Energiekosten ab», erzählt Stahel. Und diese sind bekanntlich enorm gestiegen in der letzten Zeit. Eine Prognose für die längerfristige Entwicklung der Öl-, Gas- und Strompreise ist derzeit jedoch nicht möglich.
«Bei einer Luft-Wasser-Wärmepumpe hängt die Effizienz stark von der Umgebungstemperatur ab: Je tiefer, umso weniger effizient ist sie.»
Tillenkamp wünscht sich, dass bei einer Kaufentscheidung nicht die kurzfristige finanzielle Rechnung im Vordergrund steht: «Man muss sich bewusst sein, dass eine Heizung etwa 20 Jahre im Einsatz ist. Wenn wir etwas bewegen wollen, dann müssen wir besser heute als morgen auf eine erneuerbare Wärmeerzeugung umstellen.» Mit fossilem Heizen ist aber zumindest im Kanton Zürich sowieso bald Schluss. Das neue Energiegesetz verbietet den Einbau von neuen Öl- und Gasheizungen weitgehend.
Standort ist entscheidend
Neben den Kosten ist der Standort ein wichtiger Faktor bei der Wahl einer Wärmepumpe. Die geografischen Gegebenheiten haben einen grossen Einfluss. «Die Effizienz einer Erdsonden-Wärmepumpe ist über ein ganzes Jahr betrachtet mehr oder weniger konstant», erklärt Stahel. «Bei einer Luft-Wasser-Wärmepumpe hingegen hängt die Effizienz stark von der Umgebungstemperatur ab: Je tiefer diese ist, umso weniger effizient ist die Pumpe, weil mehr elektrische Energie benötigt wird, um das Wasser auf die gewünschte Temperatur zu erwärmen.» Aus diesem Grund setzt man in St. Moritz, mit einem langen Winter, nicht unbedingt auf dasselbe Modell wie etwa in Basel. Es ist aber zu berücksichtigen, wie wenige Stunden im Jahr mit einer sehr schlechten Effizienz anfallen.
Geräte vergleichen
Wer Geräte vergleichen möchte, soll sich deshalb am SCOP orientieren, der Kennzahl für die saisonale Effizienz, die bei jedem Gerät ausgewiesen wird, ergänzt der Forscher: «Früher hat man bei der Effizienzberechnung nur den Gesamtnutzen mit dem Gesamtaufwand verglichen. Heute weiss man, dass man die Effizienz über eine ganze Heizperiode betrachten muss.» Das IEFE verhalf erst kürzlich einer neuen Wärmepumpe zur Marktreife, die sich durch ein natürliches Kältemittel auszeichnet und eine besonders hohe saisonale Effizienz aufweist. Das Team um Tillenkamp und Stahel optimierte dazu einen Prototyp und untersuchte das Verhalten mit Simulationen, die sowohl standortabhängige Wetterdaten als auch typische Verbrauchsprofile von Anwendern miteinbeziehen. Ihre Forschungsgruppe bildet ein Kompetenzzentrum für Kälteanwendungen und ist verantwortlich für zahlreiche Untersuchungen rund um die Anwendung von Wärmepumpen und Kältemaschinen – unter anderem auch für das Bundesamt für Energie.
«Ich erachte es aber auch als zentral, dass wir mit Europa zusammenspielen und uns mit Wind-, Wasser- und Solarenergie gegenseitig aushelfen. Nur so steuern wir in eine sichere Zukunft.»
In erster Linie gilt jedoch zu prüfen, welche Art von Wärmepumpe am eigenen Wohnort überhaupt realisierbar ist. Je nach Standort unterliegen sie einer Baubewilligung und zusätzlichen Auflagen. In Städten mit einem Fernwärmenetz, in dem die Abwärme von Kehrichtverbrennungsanlagen grossflächig zum Heizen genutzt wird, kann die Stadt sogar verbieten, eine Erdsonde zu bohren, und einen zum Anschluss an das Fernwärmenetz verpflichten. Dies ist etwa in Winterthur der Fall. In ländlicheren Gegenden hingegen werde derzeit viel gebohrt, sagt Tillenkamp: «Im Idealfall schliesst man sich mit benachbarten Grundstücken zusammen, damit nicht in jedem Vorgarten eine Erdsonde vergraben wird.»
Für Tillenkamp ist die Wärmepumpe die Heizung der Zukunft. Für eine erfolgreiche Wärmewende, betont er, müssen jedoch noch wichtige Strukturen geschaffen werden: «Bei immer mehr Wärmepumpen und Elektroautos ist auch immer mehr elektrische Energie gefragt. Die Produktion aus Photovoltaik ausbauen und mit geeignete Batteriespeichern einen Puffer bilden, der für die Netzstabilität sorgt, wenn die Atomenergie wegfällt, sind zwei wichtige Aufgaben der Gegenwart. Derzeit tut sich viel in diesem Bereich. Ich erachte es aber auch als zentral, dass wir mit Europa zusammenspielen und uns mit Wind-, Wasser- und Solarenergie gegenseitig aushelfen. Nur so steuern wir in eine sichere Zukunft.»
Heizkosten vergleichen
Der Heizkostenrechner von EnergieSchweiz bietet Personen ohne Fachkenntnisse die Möglichkeit, die Kosten für verschiedene Heizsysteme zu vergleichen.
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