Irische Geschichte, Schach und Pub-Kultur
Winterthur–Dublin: Der International-Management-Student Jérôme Jaggi verbrachte neun Monate in Irlands Hauptstadt. Acht Monate davon im Corona-Lockdown.
Obwohl die Fallzahlen in Irland nie so hoch waren wie in der Schweiz, fielen die Massnahmen strenger aus. Die Uni sah ich genau einmal von innen. Nach dem Einführungstag wurde der Lockdown verhängt, und so fand die Uni zwei Semester lang nur virtuell statt. Von September 2020 bis Mai 2021 waren praktisch nur Supermärkte offen. Zuweilen war es verboten, sich mehr als drei Kilometer von seiner Wohnung wegzubewegen. Auf den Strassen gab es Checkpoints: Die Polizei hielt einen an und wollte wissen, wieso man draussen war.
Obwohl es in meinem Studiengang viele Austauschstudierende gab, wollte sich der Kontakt nicht so recht entwickeln. Wie auch, wenn man einander nur aus Zoom-Meetings kennt? Das Highlight war der Kurs «Irish Culture and History». In diesem unternahmen wir mehrere Stadtrundgänge – dies war immerhin erlaubt.
Mein Vorteil war, dass meine Freundin mit dabei war: Ich ging an die Uni, sie trat einen Job bei einem Technologie-Unternehmen an – ebenfalls remote. Wir lebten zusammen in einer kleinen Wohnung, sehr zentral. Bald merkten wir aber, dass diese Lage im Lockdown nicht viel Wert war, und wir zogen in eine grössere Wohnung direkt neben dem Phoenix Park, einer riesigen Grünfläche. Viele Expats, von denen es in Dublin normalerweise nur so wimmelt, hatten die Stadt verlassen. So buhlten die Immobilienfirmen um potenzielle Mieter, und wir hatten sogar die Wahl zwischen mehreren Wohnungen. Vor der Pandemie wäre das undenkbar gewesen.
Wir schauten wohl etwas mehr Netflix, als uns guttat, trieben aber auch sehr viel Sport und fanden Gefallen an Schach. Erst in meinem letzten Monat kam die Öffnung und wir konnten das öffentliche Leben, die Pub-Kultur und neue Hobbys, wie Kitesurfen, noch in vollen Zügen geniessen. Zudem mieteten wir ein Auto und fuhren einmal um die ganze Insel. Ein unvergessliches Erlebnis. Die Schönheit der Natur ist wirklich überwältigend.
Ich würde Irland gerne auch noch im Normalzustand erleben. Die Einheimischen, die ich kennengelernt habe, waren sehr offen und herzlich. Und der Dialekt ist in meinen Ohren einfach das sympathischste Englisch überhaupt. Zu Hause geniesse ich nun den Austausch mit meinen Mitstudierenden umso mehr. Sich in Person zu treffen und miteinander zu sprechen, ist enorm viel wert.
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