Unter Milliarden von Werken das passende finden
Wer für einen Fachtext nach geeigneter Literatur sucht, benötigt Informationskompetenz. Die Hochschulbibliothek der ZHAW lässt Studierende dabei nicht im Stich.
Das Thema steht bereits fest: In ihrer Bachelor-Arbeit will sich Laura Huber mit dem Thema Diabetes mellitus Typ 1 bei Kindern auseinandersetzen. Vor allem interessiert die Pflegestudentin, wie betroffene Kinder und ihre Eltern die medizinische Behandlung erleben und welche Verbesserungen sie sich wünschen. Doch vor den geplanten Interviews mit Familien und Fachpersonen steht die Literaturrecherche an. Die Studentin startet den Bibliothekskatalog ZHAW swisscovery auf und gibt in der Suchmaske die Begriffe «Diabetes» und «Kinder» ein. Sie erzielt 13’629 Treffer – und fühlt sich zuerst einmal ziemlich erschlagen. Das Beispiel ist fiktiv. Doch wie Laura Huber geht es den meisten Studierenden.
Umfassendes Unterstützungsangebot
Über 150’000 Bücher und Zeitschriften sowie rund 280’000 elektronische Medien führt allein die Hochschulbibliothek der ZHAW. In der ganzen Schweiz sind sogar über 30 Millionen Bücher und Zeitschriften sowie mehr als drei Milliarden elektronische Artikel zugänglich. Wie findet man die sprichwörtliche Stecknadel im riesigen Heuhaufen? Und welche Hinweise garantieren, dass die Informationen auf dem neusten Stand und wissenschaftlich fundiert sind?
Gold für «Beyond Psssst»! Der Film der ZHAW Hochschulbibliothek
Am diesjährigen World Media Festival in Hamburg wurde der Film zur ZHAW Hochschulbibliothek (HSB) «Beyond Pssst!» in der Kategorie Education mit Gold ausgezeichnet.
Die Hochschulbibliothek drehte im Sommer 2020 mit der Filmagentur Seed einen Image- und Informationsfilm für die Bachelorstudierenden der ZHAW. Er sollte nicht nur informativ, sondern auch unterhaltsam und witzig sein.
Die Projektleitung HSB, Margrit Meyer und ihr Team freuen sich, dass der Film so gute Resonanz erhält: «Wir sind gespannt auf die weiteren Preise, die Seed mit dem Film abräumen wird!»
Das World Media Festival mit den Television & Corporate Media Awards wurde dieses Jahr zum 22. Mal veranstaltet. Insgesamt wurden über 800 Beiträge aus 41 Ländern eingereicht.
Gefragt ist Informationskompetenz: die Benennung des eigenen Informationsbedarfs, der gezielten Suche nach Informationen, die Bewertung der Suchergebnisse und deren Verarbeitung. Um den Nutzenden eine bessere Orientierung zu ermöglichen, hat die ZHAW-Bibliothek in den letzten Jahren ihre Unterstützungsangebote stetig ausgebaut. Letztes Jahr, als neue Studierende wegen der Pandemie kaum vor Ort waren, produzierten die Verantwortlichen gar einen instruktiv-humoristischen Film, der Berührungsängste mit den heiligen büchergefüllten Hallen abbauen soll (siehe Box). In regulären Zeiten erhalten neue Studierende meist im ersten Semester eine allgemeine Einführung in die Bibliothek mit ihren drei Standorten in Winterthur, Zürich und Wädenswil. Dabei wird auf Leitfäden, Videos und Inhalte auf der Lernplattform Moodle hingewiesen. Diese enthalten Anleitungen zu Themen wie Recherchestrategien, Literaturbewertung oder das Finden eines Buches in der Bibliothek.
Tricks und Kniffe kennenlernen
Kommt jemand trotz dieser Hilfestellungen nicht zurecht, stehen die Bibliotheks-Mitarbeitenden für persönliche Beratungen zur Verfügung. «Wir bieten Hilfe zur Selbsthilfe», sagt Margrit Meyer, Bibliothekarin am Standort Winterthur. Die Fachpersonen kennen zahlreiche Tricks und Kniffs, mit denen die Literaturrecherche eingegrenzt werden kann – etwa durch Filter oder die Verwendung von Sternchen hinter den Suchbegriffen, damit die Treffer auch in Pluralformen und verschiedenen grammatikalischen Fällen angegeben werden.
Fachtexte schreiben mit digitaler Hilfe
Welche digitalen Technologien werden hierzulande beim Schreiben von akademischen Texten oder beim Lernen und Lehren von Sprachen bereits genutzt? Und wie müssten sie gestaltet sein, damit Angehörige von Hochschulen am meisten davon profitieren? Mit diesen Fragen befasst sich in den nächsten vier Jahren das Projekt DigLit, das der Hochschulverband swissuniversities gemeinsam mit der ZHAW, der Pädagogischen Hochschule Zürich, der Universität Neuchâtel und der Berner Fachhochschule finanziert. In einer ersten Phase wurde bereits eine Befragung zur Nutzung von maschinellen Übersetzungen durchgeführt. Weiter sollen digitale Schreibunterstützungen evaluiert werden, die zum Beispiel Muster des akademischen Schreibens erkennen und passende Formulierungen vorschlagen. Diese könnten vor allem Betreuende von studentischen Arbeiten in der Schreibberatung, aber auch die Studierenden und Forschenden selbst beim Schreiben unterstützen, erklärt Projektleiterin Liana Konstantinidou vom ZHAW-Departement Angewandte Linguistik. «Im englischen Sprachraum sind derartige Technologien bereits weiterentwickelt. Nun soll das Potenzial auch in den Schweizer Nationalsprachen besser ausgeschöpft werden.»
Häufig führe auch die Suche nach Synonymen zum Ziel, erklärt Meyer. Bei der Arbeit über Diabetes bei Kindern würde sie es zum Beispiel auch mit dem deutschen Begriff zuckerkrank* versuchen. So findet sich eher Literatur, die sich auch an Laien wendet – etwa Ratgeber für Betroffene. Umgekehrt sollte in manchen Fällen statt mit alltagssprachlichen Wörtern auch mit spezifischen Fachbegriffen gesucht werden. Diese wiederum können in den über 100 elektronischen Wörterbüchern und Enzyklopädien der jeweiligen Departemente nachgeschlagen werden. Weil ein Grossteil der wissenschaftlichen Literatur nur auf Englisch zur Verfügung steht, sollten auch englische Suchwörter verwendet werden. Eine einfache Methode sei auch das Schneeballprinzip, sagt Meyer: Hat man einmal ein passendes Werk gefunden, sucht man in dessen Literaturliste nach weiteren Schriften zum Thema.
Vor Verwendung kritisch prüfen
Dass ein Werk in einem Katalog der Hochschulen aufgeführt ist, bedeutet jedoch nicht automatisch, dass es auch wissenschaftlich fundiert und zitierwürdig ist. Vor einer Verwendung empfiehlt sich deshalb der sogenannte CRAAP-Test. Die Abkürzung setzt sich zusammen aus den englischen Begriffen Currency (Aktualität), Relevance (genügend nahe beim Thema und geeignetes fachliches Niveau), Authority (Hintergrund und Expertise der Autorenschaft), Accuracy (Verlässlichkeit, Genauigkeit, seriöser Eindruck, evidenzbasiert und neutraler Stil) und Purpose (Objektivität, frei von politischer oder ideologischer Agenda, keine Verkaufsabsichten).
Die Studentin Laura Huber hat sich mittlerweile in den Anleitungen der Bibliothek kundig gemacht und dabei ihre Informationskompetenz verbessert. Mit der Eingabe Diabetes Typ 1 AND Kind* AND psychologisch* erzielt sie zwar immer noch 701 Treffer. Doch gleich das oberste Buch auf der Liste scheint ihr interessant: Diabetes bei Kindern und Jugendlichen: Grundlagen – Klinik – Therapie. Gemäss der inhaltlichen Beschreibung geht das Werk auch auf die psychosozialen Aspekte der Erkrankung ein. Mit Datum 2015 hält es die Pflegestudentin für genügend aktuell, und Autor Professor Thomas Danne erweist sich über eine Google-Suche als Chefarzt eines norddeutschen Krankenhauses – also als bestimmt kompetent. Sie legt das E-Book ins Literaturverwaltungsprogramm Zotero ab, welches ihr das Zitieren und Erstellen der Literaturliste erleichtern wird. Sie bestellt ein paar weitere Bücher, die sie spätestens nach drei Tagen in der Bibliothek abholen kann. Die nächsten Wochen wird sie sich also durch einen Stapel Bücher arbeiten.
Chatbot regt zum Lernen an
Eine Wissenslücke oder ein Alltagsproblem – längst haben wir uns angewöhnt, schnell zu googeln oder einen Chatbot zu fragen. Das ist zwar praktisch. Doch wichtig ist, die erhaltenen Angaben kritisch zu prüfen. Gerade junge Menschen müssen den Umgang mit der riesigen Menge an stets verfügbaren Informationen erst erlernen. Dies gilt auch für Themen, die in einer Berufslehre oder im Arbeitsalltag relevant sind.
Nun soll für die Ausbildung von Lernenden ein digitaler Assistent entwickelt werden, der nicht nur Antworten ausspuckt, sondern zum Weiterdenken anregt. «Es handelt sich um einen interaktiven Chatbot, der das Lernen fördert», erklärt Wolfgang Schäfer, Projektleiter und Dozent am ZHAW-Institut für Marketing Management. Müssen zum Beispiel Kochlernende ein Frühstücksbuffet vorbereiten, sollen sie sich anhand des Lernassistenten mit den verschiedenen Aspekten auseinandersetzen: Welches Angebot passt zur Zielgruppe? Wie finden Gäste mit Allergien die nötigen Informationen? Wie kann die Butter gekühlt werden?
Für die Entwicklung des neuen Tools hat die Firma Paixon – Spezialistin für Chatbots – die ZHAW und die Hochschule Luzern angefragt. Die Projektpartner haben nun bei der Schweizerischen Agentur für Innovationsförderung Innosuisse ein Fördergesuch eingereicht. Eine Vorstudie, welche ebenfalls von Innosuisse finanziert wurde, hat bereits gezeigt, dass ein entsprechendes Instrument bei den Ausbildungsinstitutionen willkommen wäre.
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