Von Datensalat und Blattsalat
Damit das Salatblatt im Burger oder die Gurke auf dem Sandwich nicht krank machen, suchen ZHAW-Forschende nach dem Code für Keimresistenz bei Kulturpflanzen mit Hilfe von Data Science.
Rohkost ist gesund, bekommt man schon als Kind gesagt. Vitamine und Ballaststoffe aus Karotten, Gurken, Kräutern oder Salaten gelten als wichtig für eine ausgewogene Ernährung. Dass Rohkost aber auch krank machen kann, wissen vor allem Reisende, die an Orten unterwegs sind, an denen gute Hygienemassnahmen Fehlanzeige sind. Einschlägige Ratgeber empfehlen dort, nur gekochte Speisen zu essen.
In Erinnerung geblieben ist ebenso der Sprossenskandal, bei dem in Deutschland, vor einigen Jahren viele Konsumentinnen und Konsumenten an EHEC-Bakterien (Enterohämorrhagischen-Escherichia-coli-Bakterien) erkrankten.
«Mittlerweile ist es eine allgemein anerkannte Tatsache, dass Humanpathogene in Pflanzen überleben können», sagt Moritz Kaufmann. Der Doktorand in der Forschungsgruppe Umweltgenomik und Systembiologie der ZHAW in Wädenswil forscht daran, wie man Pflanzen widerstandsfähiger machen kann gegen Keime, die Menschen krank machen können. Er arbeitet dabei nicht etwa auf dem Acker, im Gewächshaus oder im Labor, sondern jongliert am Computer mit Statistikprogrammen und Programmiersprachen. Data Science ist auch bei den Biowissenschaften auf dem Vormarsch. Seine Aufgabe umschreibt der 30-Jährige dabei so: «Bisher weiss man, dass die Anreicherung der Böden mit Chitin gute Wirkung zeigt. Wir wollen jetzt herausfinden, weshalb das so ist und welche Mechanismen da ablaufen.» Chitin ist ein Polysaccharid, das vor allem in Pilzen oder Insektenkörpern vorkommt, und es ist das zweithäufigste Molekül der Erde. Ursprünglich für die Verbesserung der Bodenqualität und des Pflanzenwachstums im Einsatz, zeigte sich, dass die Pflanzen durch die Zugabe von Chitin auch weniger anfällig waren für Keime, die Menschen gefährlich werden können.
«Auch bei Life Sciences fallen immer mehr Daten an – ohne Data Science ginge nichts.»
Die Arbeit des Doktoranden, der bereits in der Industrie als Data Scientist Erfahrungen gesammelt hat, ist Teil eines internationalen, vom Schweizerischen Nationalfonds geförderten Projekts der Universitäten Zürich und Gent und der ZHAW. Als Untersuchungsobjekt dient Blattsalat, der wegen der günstigen feuchten Bedingungen zwischen den Blättern eine besonders anfällige Kulturpflanze ist. Als Modellkeim wurde angesichts der hohen Zahl von Krankheitsausbrüchen im Zusammenhang mit Frischprodukten Salmonella gewählt. «Bei den Feldversuchen und DNA-Sequenzierungen fallen grosse Datenmengen an», erklärt Kaufmanns Betreuer Joël Pothier, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Forschungsgruppe Umweltgenomik und Systembiologie. Kaufmann bringt Ordnung in den Datensalat und überprüft die Versatzstücke anhand verschiedener Hypothesen: «Eine davon ist, dass Chitin von den Bodenbakterien abgebaut wird und die Pflanzen damit mehr Nährstoffe zur Verfügung haben, was sie widerstandsfähiger macht.»
«Man könnte dann mit 99-prozentiger Wahrscheinlichkeit sagen, wann der Salat für den Verzehr geeignet ist.»
Ein tieferes Verständnis der Zusammenhänge würde bessere Vorhersagen erlauben, führt Moritz Kaufmann aus. «Man könnte dann zum Beispiel mit 99-prozentiger Wahrscheinlichkeit sagen, wann der Salat für den Verzehr geeignet ist.» Dies wäre ein grosser Fortschritt für die Lebensmittelsicherheit, und Rohkost wäre morgen noch gesünder als heute.
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