Von Fussballern, Bürogestaltung und Vorurteilen

22.09.2020
3/2020

Wie stark ermüden Fussballer während eines Matches? Wie beeinflusst die Gestaltung eines Büros das Arbeitsklima? Welche Bedürfnisse haben Transmenschen in der Schweiz? Drei Bachelorarbeiten geben Antworten.

Die Umgebung beeinflusst das Arbeitsklima

Wie ein Büro eingerichtet ist, ob man einander sieht und sich zufällig trifft, wirkt sich auf die Arbeitskultur einer Firma aus. «Die Gestaltung beeinflusst das Wohlbefinden der einzelnen Mitarbeitenden», sagt Alyssa Riebli, die am Departement für Life Sciences und Facility Management studiert hat. Sie hat den Einfluss dreier Design Features auf die Clan-Arbeitskultur untersucht und validiert. «Diese Kultur ist am zukunftweisendsten. Viele Firmen streben einen teamorientierten Umgang an, bei dem die Mitarbeiterentwicklung im Vordergrund steht.» Anhand von Interviews weist Riebli nach, dass Mitarbeitende, die einen visuellen Zugang zueinander haben, mehr miteinander kommunizieren. Sie müssen weniger Aufwand betreiben, um Projekte zu koordinieren und zu planen.  Sie lenken einander aber auch ab, was zu Konflikten führen kann. «Change Management ist ein wichtiger Faktor», so die Autorin. Werden Mitarbeitende frühzeitig in eine Umstrukturierung oder in einen Umbau einbezogen, sind sie den Veränderungen gegenüber positiver eingestellt. Räumliche Nähe führt zu zufälligen Treffen und mehr Face-to-Face-Kommunikation. Die sozialen Beziehungen intensivieren sich und dehnen sich auf andere Abteilungen aus. Wird Home-Office betrieben, fällt dieser Vorteil allerdings weg. «Wegen Corona arbeiten gerade viele von zu Hause aus», sagt Alyssa Riebli. «Es wäre interessant, zu untersuchen, was sich bei den drei Design Features dadurch verändert.» Auch Arbeitsplatzgleichheit wird positiv wahrgenommen. Sind alle Arbeitsplätze hierarchieunabhängig identisch möbliert, kommen sich Mitarbeitende weniger als Bittsteller vor. Durch die Kooperation steigen der Zusammenhalt und die Transparenz.

Alyssa Riebli (24) hat ihre Bachelorarbeit in Facility Management der Frage gewidmet, wie die Bürogestaltung eine Arbeitskultur prägt. Sie hat die Design Features «visueller Zugang», «räumliche Nähe» sowie «Arbeitsplatzgleichheit» herausgegriffen und auf die Clan-Arbeitskultur fokussiert. Diese setzt stark auf Teamarbeit, Eigeninitiative sowie Mitarbeiterentwicklung. Die ZHAW-Absolventin tritt im Oktober bei Drees & Sommer eine Stelle als Junior Consultant an. 

Daten zeigen, wie stark Fussballer ermüden

Jeder Spieler trägt einen Tracker auf sich. Beschleunigungs- und GPS-Sensoren zeichnen seine Leistung auf. «Die Analyse persönlicher Daten gewinnt im Sport zunehmend an Bedeutung», sagt Micha Ruff, der an der ZHAW Wirtschaftsingenieurwesen studiert hat. Teams, aber auch Einzelsportler erhoffen sich davon kompetitive Vorteile. Sie nutzen die Erkenntnisse, um gezielter zu trainieren und Strategien für die Wettkämpfe zu entwickeln. Micha Ruff hat zehn Spiele einer Zweitliga-Mannschaft daraufhin analysiert, wie rasch und wie stark die Halbprofis ermüden. Die Daten hat er von der Firma Tracktics erhalten. «Sie aufzubereiten und mit dem Spielgeschehen in Verbindung zu bringen, war sehr aufwendig», berichtet er. Ein Fussballer ruft seine Leistung nicht gleichmässig ab; er ist immer wieder intervallmässig gefordert. Dies führt in den Erhebungen zu grossen Schwankungen. Der Bachelorabsolvent hat Funktionen entwickelt, um die Daten in unterschiedlichen Zeitschritten mit verschiedenen Quantilen zu visualisieren. Er kommt zum Schluss, dass es am aussagekräftigsten ist, die Mediane in Intervallen von 10 Minuten zu betrachten. Dabei wird deutlich, dass ein Fussballer gegen Ende eines Spiels nicht mehr so stark beschleunigt. An seiner Geschwindigkeit lässt sich hingegen keine Ermüdung ablesen. «Er braucht einfach länger, bis er diese erreicht – er ist weniger agil.» In einer Fallstudie hat Ruff zudem die zusammengefassten Leistungen der Mannschaft in den einzelnen Spielen analysiert und mit drei weiteren Matches verglichen. Er stellte fest, dass die Werte in den ersten 20 Minuten abnehmen, dann jedoch mehrheitlich konstant bleiben. «Die Spieler scheinen gut trainiert zu sein», sagt er.

Micha Ruff (29) hat als Bachelorarbeit an der School of Engineering Trackerdaten von Spielern der zweiten Liga ausgewertet. Er fokussierte dabei auf deren Ermüdung. «Dass Fussballer in der zweiten Halbzeit eine kürzere Distanz zurücklegen als in der ersten, war bekannt», sagt er. Wie rasch sie beschleunigen und wie schnell sie laufen, sei jedoch erst wenig analysiert worden. Ruff war neben seinem Studium als Maschinenbaukonstrukteur tätig. Nun ist er auf der Suche nach einer neuen beruflichen Herausforderung.

Transmenschen möchten akzeptiert werden

Prüfende Blicke, verletzende Bemerkungen und Freunde, die den Kontakt abbrechen: Das erleben Menschen, die sich nicht jenem Geschlecht zugehörig fühlen, mit dem sie geboren wurden. «Transmenschen bekommen in ihrem Alltag immer wieder zu spüren, dass sie von der gesellschaftlichen Norm abweichen», sagt Özlem Balci, die für ihre Abschlussarbeit mit vier Betroffenen gesprochen hat. Diese fühlen sich an gewissen Orten ausgeschlossen. Aus Scham meiden sie beispielsweise Schwimmbäder, Saunen oder WC-Anlagen. Sie fühlen sich bei der Stellensuche, aber auch auf politischer Ebene diskriminiert. So ist es in der Schweiz in der Regel nicht möglich, sich auf offiziellen Dokumenten keinem oder einem dritten Geschlecht zuzuordnen. Wer einen bestehenden Geschlechtseintrag ändern möchte, muss nachweisen, dass die körperliche Angleichung begonnen hat.

Dass Transgender zurzeit noch als psychische Störung klassifiziert wird, empfinden die Befragten als diskriminierend. Erst ab 2022 wird es für ihr Erleben eine eigene Diagnose geben. Sie wird Gender Incongruence (Geschlechtsinkongruenz) lauten. «Transmenschen möchten – wie wir alle – akzeptiert und wertgeschätzt werden», sagt Özlem Balci, die den Studiengang «Gesundheitsförderung und Prävention» abgeschlossen hat. Das soziale Umfeld spiele dabei eine entscheidende Rolle; es wirke sich auf die psychische Gesundheit aus. Obwohl die Gesellschaft insgesamt offener geworden sei, brauche es weitere Sensibilisierungsmassnahmen, sagt die Autorin. Gerade das Gesundheitspersonal müsse in der Thematik besser geschult werden. Präventionskampagnen müssten Transmenschen stärker einbeziehen. 

Özlem Balci (24) hat in ihrer Bachelorarbeit am Departement für Gesundheit untersucht, welche Bedürfnisse Transmenschen in der Schweiz haben und wie sie mit Präventionskampagnen erreicht werden können. Die Transfrau und die drei Transmänner, die sie befragt hat, hätten ohne Hemmungen mit ihr gesprochen, erzählt sie. «Dieser Mut hat mich beeindruckt.» Die ZHAW-Absolventin hat für ihre Arbeit die Höchstnote erhalten. Sie ist zurzeit auf Jobsuche und kann sich vorstellen, dereinst einen Master in Angriff zu nehmen.

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