Was ist dran an den 5 grössten Bedenken gegen Digital Health?
Von Datenklau und Datenmissbrauch über Entsolidarisierung bis hin zur Sorge, die Betreuung würde unpersönlicher: Laut Studien sind dies die grössten Ängste in der Schweizer Bevölkerung, die eine erfolgreiche Digitalisierung des Gesundheitswesens behindern. Doch was ist dran an den Bedenken? Der vierte Digital Health Report des Winterthurer Instituts für Gesundheitsökonomie der ZHAW, der im Herbst erscheint, analysiert die fünf grössten dieser Sorgen und versucht sie zu entkräften. Eine komprimierte Zusammenfassung zeigen wir vorab.
1. Persönliche Gesundheitsdaten werden gestohlen und missbraucht.
46 Prozent einer repräsentativen Zufallsstichprobe mit 1110 Befragten in der Schweiz haben Angst vor Diebstahl und Missbrauch der Daten. Dennoch: Unser Alltag ist geprägt von digitalen Prozessen und Anwendungen. Für viele ist etwa ihr gesamtes Vermögen nicht mehr als ein Datenbankeintrag bei ihrer Bank. Dabei vertraut die Bevölkerung darauf, dass ihr Vermögen nicht durch Computerpannen verloren geht. Auch im Gesundheitswesen ist ein vernünftiger Datenschutz notwendig und bedingt das Zusammenspiel auf regulatorischer, organisationaler und individueller Ebene.
2. Die konstante gesundheitliche Überwachung führt zu einer Entsolidarisierung in der Gesellschaft.
Es ist zwar denkbar, dass in gewisse Preisgestaltungsstrategien (insbesondere im privaten Sektor) Parameter des Gesundheitsverhaltens einfliessen werden. 22 Prozent der Befragten der bereits erwähnten Stichprobe fürchten denn auch negative Auswirkungen auf ihre Krankenversicherung. Nichtsdestotrotz ist die Solidarität in Gesundheitsthemen von der Bevölkerung bisher kaum infrage gestellt worden.
3. Die Gesellschaft wird hinsichtlich der digitalen Kompetenz gespalten, was zu gesundheitlichen Nachteilen führt.
Hier schwingt das Klischee mit, dass ältere Menschen weniger digital affin sind. Laut Bundesamt für Statistik hat die Nutzung digitaler Dienstleistungen insbesondere auch bei älteren Personen jedoch zugenommen. So ist der Anteil der Schweizer Bevölkerung, der E-Banking nutzt oder Online-Käufe tätigt, in der Kategorie der Frührentnerinnen und -rentner von 18 Prozent im Jahr 2010 auf 59 Prozent im Jahr 2021 angestiegen. Dass die Situation im Gesundheitswesen anders sein sollte, scheint unbegründet. Wichtig ist, dass Anwenderfreundlichkeit und Unterstützungsmöglichkeiten gewährleistet werden.
4. Das diktierte Gesundheitsverhalten führt zu einem Verlust des Solidaritätsgedankens in der Gesellschaft.
Laut Human Freedom Index gehört die Schweiz zum wiederholten Mal zu den «freisten Ländern der Welt». Man muss sich hierzulande wohl kaum Sorgen um eine Gesundheitsdiktatur machen, wie im Digital Health Report betont wird. 26 Prozent der Befragten der erwähnten Stichprobe haben jedoch Angst, kontrolliert zu werden, und 21 Prozent fürchten sich vor Verlust der Kontrolle über die eigenen Gesundheitsdaten. Damit sich das nicht bewahrheitet, sind soziopolitische Überlegungen über die Verwendung der Daten notwendig, wobei die Volksgesundheit im Vordergrund stehen sollte. Vom digitalen Fortschritt darf nicht nur eine Gruppe (privilegierter) Personen profitieren.
5. Durch die Digitalisierung wird das Gesundheitswesen kalt und unpersönlich.
Als Mittel, um Distanzen zu überwinden, zur Prädiagnose oder als Triagemöglichkeit können Online-Konsultationen sehr sinnvoll sein. Wird nach einer Erstabklärung eine Krankheit diagnostiziert, ist eine persönliche Konsultation bei einer Fachperson wünschenswert. Durch die wegfallenden Bagatellfälle würden hierfür Kapazitäten erhöht. In Ländern mit einer tiefen Ärztedichte könnten digitalisierte Gesundheitsdienste mehr Menschen einen medizinischen Zugang ermöglichen.
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