Wie geht es uns im Ausnahmezustand?
Wie erlebten die Menschen in der Schweiz den Lockdown und die soziale Isolation? Gibt es Unterschiede zwischen Älteren und Jüngeren? Die folgenden Analysen basieren auf Daten des COVID-19 Social Monitors der ZHAW und der Universität Zürich.
Trotz Krise blieb die Lebensqualität der meisten Menschen in der Schweiz auf einem hohen Niveau. Der Anteil der Personen, die ihre Lebensqualität als gut oder sehr gut einstuften, war über alle Altersgruppen hinweg betrachtet zu Beginn des Lockdowns mit 86 Prozent zwar leicht tiefer, erhöhte sich dann aber zunehmend auf 90 Prozent in der zehnten respektive elften Woche. Diese Erholung dauerte am längsten für die Gruppe der 18- bis 29-Jährigen – möglicherweise weil die negativen Auswirkungen des Lockdowns die Jüngeren am stärksten tangiert haben.
Bisher einmalig hoch war der Anteil der Erwerbstätigen, die teilweise oder immer im Home-Office arbeiteten. Vor der Corona-Krise waren dies gerade mal 26 Prozent, in den ersten Wochen des Lockdowns dagegen über die Hälfte der Erwerbstätigen. Mit den ersten Lockerungen ging dieser Anteil wieder zurück, lag aber Ende Mai bei immer noch 45 Prozent.
16 Prozent der Bevölkerung litten in den ersten Wochen des Lockdowns häufig oder immer an mangelnder Energie. Bei den psychischen Belastungssymptomen zeigt sich aber bereits ab der 3./4. Woche eine Verbesserung – viele Menschen dürften sich schnell an die aussergewöhnliche Situation angepasst haben. Die befürchtete zunehmende Verschlechterung der psychischen Verfassung breiter Bevölkerungskreise scheint ausgeblieben zu sein.
Je länger der Lockdown dauerte, desto häufiger haben die Leute ihr Zuhause verlassen. Zu Beginn des Lockdowns waren es vor allem die Jüngsten und die Ältesten, die das Haus verglichen mit den übrigen Altersgruppen seltener verliessen. Während die Gruppe der 60- bis 79-Jährigen in der 10./11. Woche nach Beginn des Lockdowns wieder ähnlich häufig unterwegs war wie die 30- bis 59-Jährigen, war dies bei der Gruppe der 18- bis 29-Jährigen noch nicht der Fall.
Schutzmassnahmen sind ein entscheidender Faktor gegen die Verbreitung des Coronavirus. Die 2-Meter-Abstand-Regel befolgten in der 2./3. Woche des Lockdowns 59 Prozent, in der 10./11. Woche dagegen nur noch 37 Prozent. Hingegen stieg der Anteil jener, die manchmal, meistens oder immer eine Schutzmaske tragen, von 14 auf 38 Prozent. Insbesondere Personen im Tessin und seit der Lockerung des Lockdowns ältere Personen ab 60 Jahren tragen häufig eine Schutzmaske. Es dürfte spannend werden, inwiefern die Bevölkerung weiterhin diszipliniert die empfohlenen Schutzmassnahmen befolgt.
Inhalt Patricia Faller; Grafik Klaas Kaat; Datenanalyse: Marc Höglinger und Sarah Heiniger; Datenquelle: COVID-19 Social Monitor 2020, Winterthurer Institut für Gesundheitsökonomie, ZHAW School of Management and Law.
COVID-19 Social Monitor
Wie erlebten die Menschen in der Schweiz den Lockdown und die soziale Isolation? Gibt es Unterschiede zwischen Älteren und Jüngeren, zwischen den verschiedenen Landesteilen? Die oben stehenden Analysen basieren auf Daten des COVID-19 Social Monitors des Winterthurer Instituts für Gesundheitsökonomie der ZHAW und des Instituts für Epidemiologie und Biostatistik der Universität Zürich. Seit dem 30. März 2020 werden regelmässig rund 2000 für die Schweiz repräsentativ ausgewählte Personen zwischen 18 und 79 Jahren zu diversen Indikatoren befragt. Ziel ist es, die Auswirkungen der Pandemie und der damit verbundenen Massnahmen über einen längeren Zeitraum systematisch zu erfassen, um Fragen wie die oben gestellten beantworten zu können.
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