Mit Biotechnologie gegen die Pandemie

«Wir wollten den Impfstoff schnellstmöglich verfügbar machen»

30.11.2021
4/2021

Weltweit gefragter Stoff: Der Biotechnologe Joel Varonier arbeitet für Lonza in der Herstellung eines Impfwirkstoffes gegen das Coronavirus. Das ist harte Arbeit, hohe Verantwortung und Ehre zugleich. Viele Leute bedankten sich bei den Lonza-Mitarbeitenden.

Eine «sehr lebhafte Zeit» hätten er und seine Kolleginnen und Kollegen hinter sich, sagt Joel Varonier. Er sitzt in seinem Büro in Visp und lässt die letzten Monate Revue passieren. «Es war eine grosse Herausforderung, aber eine ehrenvolle.» Der Biotechnologe arbeitet als «Senior Manager Operations mRNA» beim Pharmaproduzenten Lonza und ist massgeblich beteiligt an der Produktion des Wirkstoffs für einen neuen mRNA-Impfstoff gegen das Coronavirus, den Lonza für das US-Biotechunternehmen Moderna herstellt. 

«Am Anfang war eine gewisse Ehrfurcht da. Wir wussten: Die ganze Welt wartet auf diesen Impfstoff.»

Joel Varonier, Senior Manager Operations mRNA

«Ich war gerade in den Ferien, als ich Mitte 2020 erfuhr, dass wir die Produktion des Impfstoffs übernehmen würden», sagt er. Sein Vorgesetzter schrieb ihm: «Sei gespannt! Wenn du zurück bist, braucht es deine Energie und deinen Einsatz.» Die Motivation brachte Joel Varonier direkt aus den Ferien mit. «Vor allem am Anfang war natürlich eine gewisse Ehrfurcht da. Wir wussten: Die ganze Welt wartet darauf, diesen Impfstoff einsetzen zu können.» Das spornte den jungen Biotechnologen an. Es ging nun darum, die Produktion möglichst rasch voranzutreiben und damit den Impfstoff der Bevölkerung zugänglich zu machen. 

Plötzlich im Rampenlicht

«In der Pharmaindustrie produzieren wir natürlich immer wichtige Medikamente. Wir wissen, dass wir für viele Patientinnen und Patienten arbeiten. Aber wir kommen selten in Kontakt mit ihnen. Diesmal war das ganz anders», erzählt Varonier. Das Coronavirus betrifft alle auf die eine oder andere Weise, und in dieser Phase der Pandemie fühlten sich viele ausgeliefert. «Es gab direkte Rückmeldungen, viele bedankten sich sogar bei uns. Natürlich war auch der Druck hoch. Aber ich empfand das als motivierend.»

Regelmässig kam Besuch von Medienvertretern und Gesundheitsbehörden aus verschiedenen Ländern. Joel Varonier und sein Team waren gefragt. «Es war schön, im Rampenlicht zu stehen.» Und es war harte Arbeit: Unter diesen Umständen, sagt der 31-Jährige in aller Selbstverständlichkeit, sei natürlich an einen ganz normalen Arbeitstag nicht zu denken gewesen. «Wir haben eine lange Zeit sehr viel gearbeitet. Wir wollten so viel wie möglich leisten, damit der Impfstoff schnell verfügbar ist.» «Wir», das sind mehrere Hundert Personen, die bis heute an der Produktion des Impfstoffes in Visp arbeiten.

«Die Produktion musste schnell hochgefahren werden, ohne Abstriche bei der Qualität der Medikamente.»

Joel Varonier

Die Produktion musste schnell hochgefahren werden, aber ohne Abkürzungen. Dafür gebe es schlicht keinen Spielraum, sagt Varonier. «In Sachen Qualität und Anspruch an die Medikamente können wir uns keine Abstriche leisten.» Darum galt in diesem Fall: Gleiches leisten, einfach «mit vollem Einsatz und oberster Priorität». Und weil der Zeitplan das Einzige war, das anders war als bei anderen Aufträgen, wussten alle Beteiligten sogleich, was sie zu tun hatten. 

Für Varonier hiess das in den ersten Monaten: am Technologie-Transfer arbeiten. «Wir mussten zuerst den Prozess vom Kunden übernehmen und auf die eigenen Anlagen transferieren.» Danach begann die Umsetzung, und Joel Varonier übernahm zusammen mit seinem Arbeitskollegen Tillmann Schnierda den Lead der Produktion. Damit ist er direkt dem «Head of Operations» unterstellt. «Ich koordiniere und führe die Prozesse in meinen Verantwortungsbereichen und sorge dafür, dass Standards eingehalten werden. Dazu kommuniziere ich ständig mit meinen Teammitgliedern aus der ganzen Welt.» 

Visp–Wädenswil–Visp 

Als Manager arbeitet Varonier täglich im Büro. In der Produktionsanlage steht er nur noch sehr selten. «Manchmal finde ich das schade. Aber es braucht viele Meetings und bedeutet grossen Koordinationsaufwand, solche Projekte zu führen. Auch das ist spannend. Letztlich sind wir dennoch allesamt Biotechnologen und Naturwissenschaftlerinnen.»

«Die Lonza befand sich direkt neben der Hockeyhalle, das passte gut.»

Joel Varonier

Zur Biotechnologie kam Joel Varonier über einen kleinen Umweg via Sport. Er wuchs in Visp auf. und bevor Varonier die Leidenschaft für die Naturwissenschaften packte, liebte er die Kombination aus Eis, Holz und vulkanisiertem Gummi. Als Eishockeyspieler besuchte er das Sportgymnasium. «Im Hinterkopf hatte ich aber schon die Chemie und Biologie», sagt Varonier. Als ihm klar wurde, dass das Sportgymnasium für Mannschaftssportler nicht die optimale Wahl ist, begann er eine Lehre als Biolaborant. «Die Lonza befand sich direkt neben der Hockeyhalle, das passte gut.» So konnte Varonier Sport und Berufsbildung verbinden. Immer mehr zog es ihn in die Biologie, er knüpfte Kontakte in der Firma und entscheid sich bald nach dem Abschluss der Lehre und der anschliessenden Berufsmatur für ein Studium der Biotechnologie. 

Auch seine Frau Linda ist ZHAW-Absolventin

Das Studium absolvierte Joel Varonier an der ZHAW am Departement Life Sciences and Facility Management in Wädenswil. Dafür entschied er sich nicht zuletzt aufgrund des Standortes. «Ich hatte Lust, aus dem Wallis Richtung Zürich zu gehen», sagt Varonier. Dort schloss er 2017 mit dem Master of Science in Life Sciences – Pharmaceutical Biotechnology ab und zog wieder zurück in die alte Heimat, zurück zum Arbeitgeber Lonza. Und zwar nicht allein. Seine Partnerin und heutige Frau Linda Varonier, die er während seines Studiums in Wädenswil kennengelernt hatte, trat ebenso eine Stelle bei der Lonza in Visp an. Die beiden arbeiten heute im selben Bereich, am selben Projekt, aber mit unterschiedlichen Aufgaben. «Das war gerade in den letzten Monaten vorteilhaft», sagt Varonier und lacht. «Wir arbeiteten beide enorm viel und waren beide selten zu Hause.» Das hat sich aktuell zumindest vorübergehend drastisch verändert: Seit dem Sommer sind die beiden glückliche Eltern. 

«Eigentlich merke ich erst heute, wie gut die Studieninhalte auf die Realität ausgerichtet waren.»

Joel Varonier, ZHAW-Masterabsolvent

Aus der Studienzeit in Zürich blieben Joel Varonier auch andere Freundschaften erhalten. Was er aus seiner Zeit an der ZHAW darüber hinaus mitnimmt, ist ein grosser Rucksack an praktischem wie theoretischem Wissen, das täglich in seinem Beruf zum Tragen kommt. «Eigentlich merke ich erst heute, Jahre nach dem Studium, wie gut die Studieninhalte auf die Realität ausgerichtet waren», sagt er. «Wir hatten gute Fallstudien und Praktika. Die Erkenntnisse daraus gehören heute für mich zum täglichen Business.» Varonier lacht und fügt an: «Sogar bei jenen Kursen, deren Sinn ich während des Studiums nicht sehen konnte, stellte sich im Nachhinein heraus, wie wichtig sie für meine Praxis sind.» 

Internationales Ambiente

An dieser gefällt ihm heute die Kombination aus Fach und Kommunikation, aber auch die Interdisziplinarität, die er in seiner koordinierenden Funktion erlebt. «Insbesondere den Kontakt mit verschiedenen Leuten aus aller Welt mag ich sehr», sagt er. Und: «Lonza bietet hier einen traumhaften Spielplatz für Biotechnologinnen und Chemiker, mit allen verfügbaren Technologien in der Pharmaindustrie. Es herrscht eine Aufbruchstimmung mit grossen Möglichkeiten für alle.»

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