Weiterbildung

Auf der Sonnenseite

25.11.2025
2/2025

Sarah Wendle ist Co-Leiterin des Zürcher Theater Spektakels. Bei einem Besuch in ihrem Büro verrät sie das Erfolgsrezept des Festivals – und wie sie durch gezielte Weiterbildung im Kulturmanagement profitierte.  

Im Zürcher Stadthaus, einem mächtigen Gebäude mit spitzem Giebel, herrscht Hochbetrieb. Die Leute stehen Schlange vor dem Stadtbüro, der Verwaltung für die Altstadt. «Jetzt wird geheiratet», ist nebenan vor dem Zivilstandsamt in bunter Kreide auf einer Tafel zu lesen. Im dritten Stock ist die Kulturabteilung des städtischen Präsidialdepartements untergebracht. Sarah Wendle bittet in einem hellen Büro zu Tisch. Die 42-Jährige ist kaufmännische Leiterin des Zürcher Theater Spektakels. Das «Speki», wie das Festival liebevoll genannt wird, findet jeweils in der zweiten Augusthälfte auf der Landiwiese statt – nicht an der Goldküste, sondern an der gegenüberliegenden Schattenseite des Sees. Wegen der zunehmenden Hitze im Sommer sei man froh darum, sagt Wendle. 2025 kann sie einmal mehr auf ein erfolgreiches Festival zurückblicken: 120 000 Besuchende waren auf dem Gelände, die Vorstellungen zu 87 Prozent ausgelastet.

Steiniger Start

Beruflich befindet sich Wendle heute auf der Sonnenseite, in einem mit Bildern aus dem städtischen Kunstkredit behängten Büro in der Zürcher Altstadt. Dies war nicht immer so. Als sie 2012 aus dem süddeutschen Lahr nach einem Geschichts- und Politologiestudium nach Zürich kam, musste sie sich mit einer Praktikumsstelle durchschlagen. Später kam sie zum nicht auf Rosen gebetteten Rotpunktverlag, wo sie für Sachbücher zuständig war und später in die Geschäftsleitung aufstieg. Sie sollte den Verlag personell und inhaltlich verjüngen. «Als junge Frau setzte ich auf andere Themen, zum Beispiel Feminismus.» Sie gab etwa ein kritisches Buch heraus zur Modeindustrie aus antikapitalistischer Perspektive – ein Erfolg, an den sie sich noch heute gerne erinnert.

Neuorientierung im Kulturbereich

Um ihre beruflichen Perspektiven zu erweitern, absolvierte sie den MAS Arts Management an der ZHAW School of Management and Law. Im Februar 2020 lag Veränderung in der Luft. Wendle bewarb sich beim Theater Spektakel. Es folgte der erste Corona-Lockdown, Vorstellungsgespräch per Zoom, Gespräch mit Abstand vor Ort, hybride Sitzungen. Festivalerfahrung hatte sie keine, sie war aber begeisterte Besucherin. «Es war ein Sprung ins kalte Wasser», räumt Wendle ein. Während des Festivals ist sie zuständig für 200 temporäre Mitarbeitende und rund 300 Künstlerinnen und Künstler. Zudem wollen auch die geladenen Gäste betreut sein. «Der MAS verlieh mir Selbstvertrauen und erschloss mir ein interessantes berufliches Netzwerk, das brachte mich weiter.»

Die «NZZ» monierte in einer Glosse, am Theater Spektakel sehe man bloss Stücke, die eine schlechte Welt zeigten. «Viele Künstlerinnen und Künstler kommen aus dem globalen Süden. Sie setzen sich mit Themen wie Klimawandel und Überkonsum auseinander», gibt Wendle zu bedenken. Einen Grund für den Erfolg des Festivals beim Publikum sieht sie in dem traumhaft schönen Ort am See. «Es ist das Gesamterlebnis, das zählt.» Und die Eintrittspreise sind trotz Kostensteigerungen auf Ausgabenseite mit durchschnittlich 40 Franken erschwinglich geblieben.

Beim Hinausgehen blicken wir von der Galerie im dritten Stock in den Lichthof hinunter, der sich inzwischen geleert hat, die Schalter sind zu. Wendle zeigt hoch an der Wand auf das Wappen von Aussersihl, das heute zur Stadt gehört. Im Rotpunktverlag hatte sie ein Buch zur Geschichte des Quartiers herausgegeben – und sie wohnt auch da, im belebten Kreis 4. Sie ist ganz in Zürich angekommen.

Professionelles Kulturmanagement 

Der MAS Arts Management bereitet die Teilnehmenden auf strategische und operative Aufgaben in Kulturorganisationen vor. Seit 25 Jahren schreibt das Weiterbildungsangebot inspirierende Geschichten über berufliche Neuorientierung.

Aufmacherbild: Kira Kynd

0 Kommentare

Sei der Erste der kommentiert!

Kommentar ist erforderlich!
Name ist erforderlich!
Gültige E-Mail ist erforderlich!
This site is protected by reCAPTCHA and the Google Privacy Policy and Terms of Service apply.