Umweltfreundlichere Verpackungen
Lebensmittelverpackungen müssen zahlreiche Kriterien erfüllen. Die Zusammenarbeit verschiedener Fachrichtungen führt zu kreativen Lösungen.
Wer Fleischersatzprodukte kauft, verfügt meist über ein hohes Umweltbewusstsein. Viel Verpackung, und vor allem Plastik, ist bei dieser Kundschaft verpönt. Dessen ist sich auch die Firma Planted bewusst. Das ETH-Spinoff produziert pflanzliche Nahrungsmittel aus Gelberbse, Hafer oder Sonnenblumen, die kaum zu unterscheiden sind von Pouletgeschnetzeltem oder Pulled Pork, und ist damit sehr erfolgreich. Die Portionen für Privathaushalte sind in Schalen aus rezykliertem PET erhältlich. Bei einer Online-Bestellung werden sie in einer Kartonbox mit Kühlelementen und Füllmaterial aus Altpapier geliefert. Nun will die Firma ihre Verpackungen noch umweltfreundlicher gestalten.
«Dass verschiedene Fachrichtungen von Anfang an einbezogen werden, ist ein neues Vorgehen. Wir Fachleute sind oft gefangen in unserem Vorwissen.»
Im Rahmen des Projekts Sustainable Packaging Architecture (Sparc) haben sich Studierende nun Gedanken zu nachhaltigeren Verpackungen gemacht. Am Zurich Knowledge Center for Sustainable Development (ZKSD) diskutierten im letzten Herbst Angehörige des Instituts für Lebensmittel- und Getränkeinnovation, des Instituts für Angewandte Psychologie sowie der Zürcher Hochschule der Künste Vorschläge für zwei Projektpartner. «Dass verschiedene Fachrichtungen von Anfang an einbezogen werden, ist ein neues Vorgehen», sagt Selçuk Yildirim, Leiter der Forschungsgruppe Lebensmittelverpackung und Initiator des Projekts. Der Professor erhofft sich davon neue, unkonventionelle Ansätze. «Wir Fachleute sind oft gefangen in unserem Vorwissen.»
Mehrwegtaschen statt Pakete
In den drei Workshops entstand zum Beispiel die Idee, die Planted-Stücke zu vakuumieren. So würde weniger Kunststoff benötigt – sowohl im Herstellungsprozess als auch in der Endverpackung. Zudem haben die Studierenden ansprechende Kartonschachteln für die Aussenhülle gestaltet. Für den Online-Versand entwarfen sie modische wiederverwendbare Taschen und Rucksäcke aus rezyklierten LKW-Planen. Zudem führten sie Haltbarkeitstests durch.
Das zweite Partnerunternehmen war die Firma Yasai, die im sogenannten Vertical-Farming-System Kräuter produziert. Die Pflanzen wachsen platzsparend in Hallen auf Regalen mit Nährlösungen. In den Verkauf gelangen die Küchenkräuter in Kartonpäcklein mit einem Kunststoff-Sichtfenster. Würde man dieses herausreissen, könnte der Karton im Prinzip rezyliert werden, sagt Selçuk Yildirim. Doch den meisten sei das wohl zu mühsam – wie bei den Teigwarenpackungen mit Sichtfenster oder den Yoghurtbechern mit Kartonhülle. «Der Grossteil dieser Verpackungen landet im Abfall.»
Kräuter wachsen daheim weiter
Im Workshop entwickelten die Studierenden verschiedene Vorschläge für Kartonverpackungen ohne Sichtfenster, dafür mit perforierter, wieder verschliessbarer Öffnung und schönem Design – etwa der Zeichnung einer Rosmarin-Staude. Eine andere Idee war ein Sichtfenster, das beim Öffnen automatisch entfernt wird. Zudem entwarfen die Teilnehmenden schlichte, ästhetische Behälter, in denen die ganzen Pflanzen samt Wurzeln verkauft werden können. Würde man sie mit einer Nährlösung füllen, könnten sie zu Hause sogar weiterwachsen. Die Kundschaft könnte so auch im Winter Basilikum und Pfefferminz aus heimischer Produktion pflücken.
Die Projektpartner seien bei der Schlusspräsentation sehr erfreut gewesen, sagt Yildirim. Pfannenfertige Lösungen seien aber nicht entstanden, und das sei auch nicht das Ziel gewesen. «Es ging darum, Wege aufzuzeigen und Denkprozesse anzuregen.»
Mehr Karton statt Plastik
Die Entwicklung von Lebensmittelverpackungen ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Neben der Nachhaltigkeit sind hygienische Standards ein wichtiges Kriterium. Rezyklierter Karton zum Beispiel darf nicht direkt mit Lebensmitteln in Kontakt kommen, sondern muss mit einer Folie überzogen werden. Eine Verpackung sollte zudem ansprechend gestaltet sein und gut beschriftet werden können. Auch die Vermeidung von Foodwaste ist ein grosses Thema: Dabei helfen zum Beispiel wiederverschliessbare Packungen oder mehrere Abteile, die einzeln geöffnet werden können – wie etwa bei Raclette-Käse.
Mit den Bestrebungen, vom Plastik wegzukommen, gewinne Karton zunehmend an Bedeutung, erklärt Yildirim. Die Forschungsgruppe Lebensmittelverpackungen arbeitet deshalb an einer Folie, die zusammen mit dem Karton rezykliert werden kann. Auch Aludosen sollen dereinst ersetzt werden durch mit Folie überzogenem Karton. Wo es nicht ohne Kunststoffe geht, sollen Materialien aus organischen Stoffen zum Einsatz kommen.
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