Illustration von zwei Kiwi-Vögel, die auf einem Turnschuh rumpicken

Bloss keine wasserdichten Schuhe! 

27.05.2025
1/2025

Winterthur–Neuseeland: Gernot Boiger, Professor und Forscher am Institute for Computational Physics, fand sein Tempo, als er mit seiner Frau den Te-Araroa-Trail bestritt.  

Fünf Monate lang waren wir unterwegs vom nördlichsten Punkt Neuseelands bis zum südlichsten: 2550 Kilometer zu Fuss. Der Tagesablauf variierte kaum: aufstehen, Zelt verstauen, etwa zehn Stunden wandern, Zelt wieder aufschlagen oder in eine Hütte einkehren, essen. In Ortschaften gönnten wir uns manchmal ein paar Tage Pause und eine warme Dusche.  Mit der Grundausrüstung trugen wir je etwa elf Kilo: Zelt, Kleidung für alle Witterungen und ein Kochset mit Gaskocher. Dazu kam die Verpflegung. Diese mussten wir gut planen, denn manchmal hatten wir tagelang keine Einkaufsmöglichkeit.

Die Vorräte waren streng rationiert. Mehrmals schickten wir uns sogar per Post ein Essenspaket in eine Hütte, um nicht die Verpflegung für eine ganze Woche tragen zu müssen. Trinkwasser lieferte ein Filter, den man auf PET-Flaschen schrauben kann. Das hat einwandfrei funktioniert, egal woher das Wasser stammte.  

Je vier Paar Trailrunningschuhe liefen wir durch. Klassische Wanderschuhe wären zu schwer, sie würden eher Blasen an den Füssen verursachen – und sie wären zu wasserdicht, so seltsam es klingen mag. Wasserdichte Schuhe trocknen innen schlecht. Und nass wird man in Neuseeland sowieso. Es regnet sehr häufig, und man muss oft Flüsse durchqueren oder auf matschigem Untergrund gehen. Wir haben wohl mehr als zwei Drittel der Zeit mit nassen Füssen verbracht. Aber der Körper gewöhnt sich an vieles. 

Schritttempo ist eindeutig das, wofür der menschliche Körper gemacht ist. Langsam, aber stetig, so, dass man die Umgebung geniessen kann. Landschaftliche Highlights gab es jeden Tag. Wenn ich ein Bild der Reise sehe, weiss ich sofort, wo es war, so intensiv ist die Wahrnehmung beim Wandern. In die stille Natur einzutauchen war aber nicht so einfach. Das Hirn hatte plötzlich Zeit, um alles zu verarbeiten, was sich im stressigen Alltag angestaut hatte. Ich dachte über vieles nach, was zum Teil Jahre zurück lag. Wandern ist also auch eine Therapie. Man muss sich seinen Gedanken stellen, denn es gibt keine Ablenkung, oft nicht einmal Handyempfang. Mir wurde bewusst, dass viele genau deswegen auf eine Langstreckenwanderung gehen. Wir trafen viele, die mit Rucksack unterwegs waren – nicht nur im wörtlichen Sinn – und hörten berührende Geschichten. Mit einigen Wanderfreunden erlebten wir auch so manches Abenteuer. Das schweisst ungemein zusammen. 

Wir waren immer wieder überwältigt von der Gastfreundschaft der Neuseeländerinnen und Neuseeländer. Sie wiesen uns den Weg, nahmen uns im Auto mit, luden uns spontan zum Übernachten ein, bekochten uns und als Gegenleistung wollten sie bloss ein paar Wandergeschichten hören. Ein unglaublich liebenswertes Volk! 

Anina und Gernot Boiger in Bluff, am südlichsten Punkt des Te-Araroa-Trails.

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