Inschallah – alles wird gut!

21.06.2022
2/2022

Winterthur–Muskat: Roxanne Gräflein absolvierte während ihres Bachelorstudiums in Angewandten Sprachen ein Praktikum bei einem Reiseveranstalter im Oman.

Mit dem Praktikum zu Pandemiezeiten klappte es nur dank Vitamin B, denn eigentlich waren die Grenzen dicht. Zudem gilt im Oman, bei einem Ausländeranteil von fast 40 Prozent, ein strikter Inländervorrang. Dank meines Sprachaufenthalts in Muskat vor Antritt des Studiums, der schlussendlich zweieinhalb Jahre dauerte, war ich aber bereits gut vernetzt. Mangels ausländischer Touristen war meine Hauptaufgabe im Praktikum, Einheimische für Inlandreisen zu begeistern. Die Dynamik bei geschäftlichen Terminen fand ich immer interessant: Erst erkundigen sich beide Seiten ausführlich nach dem Befinden der Familie und des Geschäfts, bevor das Eigentliche dann innert zwei Minuten unter Dach und Fach gebracht wird. 

Relativ liberal

Der Oman gilt als liberales muslimisches Land. Es trägt den Übernamen «Switzerland of the Middle East». Abseits der modernen grösseren Städte spielen Traditionen jedoch noch eine grosse Rolle. Frauen stehen grundsätzlich alle Möglichkeiten offen, es gibt jedoch ungeschriebene Einschränkungen. Von wahrer Gleichberechtigung ist das Land noch weit entfernt. Ich spürte immer wieder, dass man sich als Frau generell mehr beweisen muss – zum Beispiel bei meinem Hobby, dem Reiten. An einem Springturnier erfuhr ich, dass es eine «Ladies’ Class» geben sollte. Auf die Frage, wieso, bekam ich höflich zur Antwort: «Damit sie auch eine Chance haben.» Witzig, wie ich fand, zumal Reiterinnen prozentual gesehen mehr Podiumsplätze belegen als ihre männlichen Kollegen.

Andere Ansichten respektieren

Bei Besuchen ausserhalb Muskats trug Roxanne Gräflein aus Respekt auch die traditionelle Abaya.

Ich habe viele langjährige Freundschaften im Oman, jedoch nur eine einzige Freundin, die mir auch Privates anvertraut. Die Omanis machen die Dinge gerne mit sich selbst aus. Was ich an ihnen am meisten bewundere, ist ihr Urvertrauen, dass alles gut kommt. «Inschallah» (so Gott will) ist ihr Credo – es lohnt sich nicht, sich zu sorgen, denn die Zukunft liegt in seinen Händen. Sprache ist für mich klar der Schlüssel für die Integration. Dass ich nicht nur Hocharabisch, sondern auch den lokalen Dialekt spreche, öffnete mir viele Türen und Herzen. Allgemein galten für mich als Europäerin andere Massstäbe – etwa, dass ich allein wohnte, war von allen akzeptiert. Für einheimische Frauen wäre das sehr unüblich. Mein wertvollstes Learning ist, andere Lebensweisen vollständig zu respektieren, auch wenn ich mich nicht mit ihnen identifiziere, zum Beispiel die Viel-Ehe. Ich kann mit Menschen, die völlig andere Ansichten haben, wirklich gute Gespräche führen und daraus Positives mitnehmen.

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