Tandem-Führung: Kreagilität leben im internationalen Projekt
Co-Leitungen können auch in Forschungsprojekten ein Modell mit Mehrwert sein. Birgitta Borghoff und Dagmar Frick-Islitzer haben zusammen ein EU-Projekt initiiert, das sie mit Partnerorganisationen aus Deutschland und Österreich realisieren. Ihr Rezept für eine erfolgreiche Co-Leitung lautet: Empathie und Offenheit – und die andere Person im eigenen Arbeitsalltag mitdenken und mitnehmen.
In einer komplexen, mehrdeutigen, sich immer schneller verändernden Welt reichen herkömmliche Handlungsmuster und Arbeitsroutinen oft nicht mehr aus, um Herausforderungen zu meistern. Es braucht neue, kreativ agile Herangehensweisen, da sind sich Birgitta Borghoff und Dagmar Frick-Islitzer einig. Diese Kreagilität ist denn auch der Kern des internationalen Erasmus+-Projekts, das die beiden zusammen initiiert haben und mit Partnerorganisationen aus Deutschland und Österreich realisieren.
Borghoff und Frick-Islitzer erkunden konkret, wie kunstbasierte Strategien die Kommunikation in Organisationen transformieren können. «Künstlerinnen und Künstler kommen in der Regel sehr gut mit Unsicherheiten klar und sind in ungewohnten Situationen meist offen und flexibel», sagt Frick-Islitzer. Ausgetretene Pfade verlassen und schauen, wohin diese neuen Wege führen – das leben die Frauen auch in ihrer Zusammenarbeit: Zum einen sind die beiden in unterschiedlichen Institutionen tätig – Borghoff am Institut für Angewandte Medienwissenschaft der ZHAW, Frick-Islitzer in dem von ihr gegründeten Unternehmen Kubus Kulturvermittlung. Zum anderen überwindet ihr Projekt auch Landesgrenzen: Die Leitung des von der EU geförderten Erasmus+-Projekts Kreative Agilität obliegt Frick-Islitzer in Liechtenstein; Borghoff zeichnet als assoziierte Partnerin mit dem von Movetia, der nationalen Agentur für Austausch und Mobilität, finanzierten Projekt für den Schweizer Part verantwortlich.
Klare Rollenteilung
Die Aufgaben und Rollen waren von Anfang an klar verteilt. Umso wichtiger sei aber, dass die andere Person immer wieder bewusst einbezogen werde und ein kontinuierlicher Austausch stattfinde, gerade in Projektphasen, in denen die andere gerade nicht direkt involviert sei, sagt Borghoff. «Es gab für uns beide Momente, in denen wir uns aussen vor fühlten.» Auch einmal seinem Ärger freien Lauf lassen zu dürfen und doch stets das Verständnis der anderen auf sicher zu wissen – das habe die Zusammenarbeit und das Vertrauen ineinander stets weiter gestärkt.
Komplexität und Reibungen
Kommt es bei so viel Komplexität und Nähe nicht auch einmal zu Reibungen? Die beiden Frauen überlegen kurz: Doch, tatsächlich habe auch schon Klärungsbedarf bestanden, erzählt Frick-Islitzer. Einmal etwa ging es um eine Autorenschaft: Borghoff habe damals die Gelegenheit genutzt, zusätzlich zwei Projektseminare zum Thema Kreative Agilität an der ZHAW zu initiieren, wo sie ja auch als Dozentin tätig sei – ein Mehraufwand für sie, aber auch eine tolle Gelegenheit für die Studierenden, ihre eigenen kreagilen Fähigkeiten beim Designen von Texten für die Projekt-Website zu erproben, und ein Mehrwert für das Erasmus+-Projekt. Gleichzeitig war es Frick-Islitzer wichtig, in ursprünglich von ihr verfassten Texten als alleinige Autorin aufgeführt zu werden. «Ich wollte Birgitta auf keinen Fall vor den Kopf stossen.» Sie entschied sich deshalb dafür, eine E-Mail zu schreiben. «Das gab mir die Zeit, meine Gedanken und Argumente in Ruhe zu formulieren.» Sie habe es damals sehr geschätzt, mit wie viel Bedacht ihre Kollegin ihre Worte gewählt habe, erinnert sich Borghoff. Und Frick-Islitzer ergänzt: «Wir wissen, dass wir uns auch unsere verletzlichen Seiten zeigen können – ohne dass das an unserer professionellen Beziehung etwas ändert.»
Birgitta Borghoff (u.) ist seit 2007 an der ZHAW und leitet derzeit das Movetia-Projekt Kreative Agilität im Rahmen des Schweizer Programms zu Erasmus+. Sie doziert, forscht, berät und coacht im Bereich Organisationskommunikation und Öffentlichkeit am IAM Institut für Angewandte Medienwissenschaft der ZHAW.
Dagmar Frick-Islitzer leitet das Erasmus+-Projekt Kreative Agilität. Sie ist Gründerin von Kubus Kulturvermittlung und der Künstlerbrille, einem Kulturunternehmen, das sich auf die Integration von künstlerischen Denk- und Arbeitsweisen in Unternehmen spezialisiert hat.
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