Über Paketfluten in Städten, Solaranlagen im Schnee und die Impffrage
Wie beurteilt die Bevölkerung frei stehende Solaranlagen in Skigebieten? Wovon hängt es ab, ob sich jemand gegen Covid-19 impfen lässt? Und wo sind Abholstationen für Pakete ideal platziert? Drei Abschlussarbeiten liefern Antworten.
Microhubs helfen, die Paketflut zu bewältigen
Bücher, Schuhe oder Teigwaren: Immer mehr Waren werden nach Hause geliefert. Die Pandemie hat dem Online-Handel zusätzlich Auftrieb verliehen. Fachleute gehen davon aus, dass er weiter zunehmen wird. Auf den Strassen sind entsprechend viele Lieferfahrzeuge unterwegs, welche fast rund um die Uhr zur Kundschaft gelangen. Die Folge sind höhere Luft- und Lärmemissionen sowie Konflikte mit dem motorisierten Individual- und Langsamverkehr. «In den Quartieren anbieterneutrale Paketstationen anzubringen, kann eine Lösung sein, den urbanen Güterverkehr zu reduzieren», sagen Calvin Barmettler und Boris Stankovic. Die Bevölkerung kann ihre Bestellungen an den sogenannten Microhubs jederzeit abholen und aufgeben. Die Lieferanten stellen Pakete in grösseren Fahrzeugen gebündelt zu und müssen weniger einzelne Ziele anfahren, was wiederum den öffentlichen Raum entlastet. «Optimale Standorte zu finden, ist schwierig», betonen die Absolventen der School of Engineering. Abholstationen sollen so platziert werden, dass sie gut per Langsamverkehr erreichbar sind und nicht zusätzliche Autofahrten auslösen. Calvin Barmettler und Boris Stankovic entwickelten einen Algorithmus, um mögliche Standorte in Zürich Nord zu evaluieren. Sie haben berücksichtigt, wo die Menschen wohnen und wie viele Pakete an einzelne Adressen geschickt werden. Darüber hinaus haben sie die Transport- und Betriebskosten sowie die Gehdistanz optimiert. Resultiert sind Standorte, die von rund 80 Prozent der Nutzenden in weniger als 250 Metern Gehdistanz zum eigenen Wohnort erreicht werden können.
Calvin Barmettler (26) und Boris Stankovic (25) haben sich in ihrer Bachelorarbeit mit Abholstationen für Pakete befasst. Sie haben untersucht, wo diese im Gebiet Zürich Nord idealerweise platziert werden müssten. Die Absolventen des Studiengangs Verkehrssysteme sind am Swiss Green Economy Symposium für ihre Arbeit ausgezeichnet worden. Sie haben den zweiten Platz erreicht. Calvin Barmettler macht zurzeit ein Praktikum beim Amt für Mobilität des Kantons Zürich. Boris Stankovic ist auf Stellensuche.
Solaranlagen in Wintersportgebieten?
In den Alpen lässt sich mit Solaranlagen deutlich mehr Strom produzieren als im Mittelland. Pro Jahr sind bis zu zweimal höhere Erträge möglich. «Da besteht ein grosses Potenzial», sagt Andrea Beerli. Sie erwähnt die Klimaziele, welche die Schweiz bis 2050 erreichen möchte. Dafür muss die Produktion von Solarstrom mindestens um den Faktor 20 erhöht werden. Es werde nicht genügen, auf Dächern Panels zu installieren, sagt die Masterabsolventin der ZHAW. Es müssten zusätzlich Photovoltaik-Freiflächenanlagen (PVFA) gebaut werden. «Wintersportorte, die bereits über Netzanbindungen verfügen, kommen dafür in Frage. Täler mit weniger Infrastruktur bleiben unangetastet.» Wie Andrea Beerli in ihrer Abschlussarbeit aufzeigt, steht die lokale Bevölkerung solchen Bauten durchaus offen gegenüber. Dies könnte daran liegen, dass sie es schon mehrfach erlebt hat, dass sich die Infrastruktur sowie das Orts- und Landschaftsbild verändern. Skepsis ist häufiger unter den Gästen auszumachen. Vor allem Touristen, die eine Gemeinde oft besuchen, lehnen Veränderungen ab. Insgesamt werden visuelle Aspekte allerdings weniger stark gewichtet, wenn es um den Klimaschutz geht. Eine Mehrheit der Befragten bevorzugt Szenarien, die möglichst stark auf erneuerbare Energien setzen. Sie spricht sich zudem dafür aus, dass die Anlagen von regionalen Akteuren betrieben werden. PVFA würden nicht nur akzeptiert, sagt die Autorin zusammenfassend. Sie könnten sich sogar positiv darauf auswirken, wie eine Feriendestination wahrgenommen werde. Für Andrea Beerli steht fest: «Wenn wir die Energiewende schaffen wollen, dann könnten Wintersportgebiete einen Teil zur Lösung beitragen.
Andrea Beerli (32) ist in ihrer Masterarbeit der Frage nachgegangen, wie die Bevölkerung grossflächige Solaranlagen in Wintersportorten beurteilt. Sie hat rund 1200 Personen befragt und verschiedene Szenarien bewerten lassen. Ihre Studie ist von EnergieSchweiz und dem EWD Elektrizitätswerk Davos unterstützt worden. Andrea Beerli hat am Departement für Life Sciences und Facility Management den Masterstudiengang «Umwelt und Natürliche Ressourcen» abgeschlossen. Sie ist als Projektmanagerin bei der Firma Quant in Flims tätig.
Elternhaus prägt das Impfverhalten
Wer in jungen Jahren gegen Kinderkrankheiten geimpft wurde, ist eher bereit, einen Impfstoff gegen Covid-19 zu akzeptieren. «Die Impfbereitschaft entwickelt sich früh», sagt Christina Jäger. Sie hat sich mit dem Covid-19-Impfverhalten in der Schweiz beschäftigt. Im Sommer 2021 beurteilten 81,7 Prozent der Befragten den Impfstoff positiv. 7,4 Prozent waren unentschlossen und 10,9 Prozent lehnten es ab, sich immunisieren zu lassen. «Es waren viele Ängste vorhanden», sagt die ZHAW-Absolventin. Impfgegnerinnen und -gegner begründeten ihre Haltung mit möglichen Nebenwirkungen, unzureichenden Informationen und Sicherheitsbedenken. Sie äusserten oft auch Befürchtungen, die gemäss Forschungsstand nicht begründet sind. So etwa, dass die DNA beeinflusst oder die Fruchtbarkeit beeinträchtigt werde. «Die Gründe gegen eine Impfung waren häufig nicht wissenschaftlich belegt», sagt die Autorin, die an der School of Management and Law studiert hat. Diejenigen, die sich für die Impfung entschieden, taten dies aus Solidarität. Sie gaben an, zum Schutz der Bevölkerung beitragen zu wollen. Sie zeigten sich vom Impfstoff und dessen Wirkung überzeugt. An Corona zu erkranken, bereitete ihnen mehr Sorgen als mögliche Impfreaktionen. Wie die Online-Befragung ergab, beeinflussen individuelle Überzeugungen und Befindlichkeiten das Covid-19-Impfverhalten am stärksten. Weniger ausschlaggebend sind Organisationen sowie zwischenmenschliche Einflüsse. «Jene, die zurückhaltend sind oder die Impfung ablehnen, müssen nicht überzeugt werden», sagt Christina Jäger im Bezug auf die nationale Impfstrategie. Viel wichtiger sei es, über Impfungen generell aufzuklären – und dies möglichst früh.
Christina Jäger (27) hat in ihrer Masterarbeit in International Business untersucht, warum sich Menschen gegen Covid-19 impfen lassen oder eine Impfung ablehnen. Sie hat eine Online-Umfrage durchgeführt und rund 610 Antworten ausgewertet. «Die Fragen haben gewisse Leute zum Nachdenken gebracht», sagt die ZHAW-Absolventin. Sie habe überraschend viele und ausführliche Reaktionen erhalten. Christina Jäger hat während ihres Studiums in der Pharmabranche gearbeitet und ist nun bei der KPMG als Consultant im Bereich Gesundheit tätig.
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