Bierherstellung

Vom Nebenstrom zum Rohstoff 

25.11.2025
2/2025

Ein durch die EU gefördertes Forschungs- und Innovationsprojekt zeigt, wie sich Nebenprodukte aus der Lebensmittelindustrie sinnvoll nutzen lassen. Dies spart Ressourcen und eröffnet zugleich neue wirtschaftliche Chancen. 

Was haben Insektenprotein, Chlor für Reinigungsmittel, Fettsäuren und Peptide als Lebensmittelzusatz oder Ectoine für kosmetische Anwendungen gemeinsam? Sie alle lassen sich aus Nebenprodukten der Bierherstellung gewinnen und wurden im Rahmen des Horizon-Europe-Projekts CHEERS entwickelt. Ziel ist es, zur Kreislaufwirtschaft und Bioökonomie beizutragen und damit den European Green Deal zu unterstützen, mit dem die EU bis 2050 klimaneutral werden will. 

«Umweltfreundliche Alternativen, die aus Nebenprodukten hergestellt werden, sind wichtig, um Kreisläufe zu schliessen, Lücken zu füllen, aber auch die Abhängigkeit von nicht zukunftsfähigen Systemen zu reduzieren.» 

Dimitri Chryssolouris, wissenschaftlicher Assistent am Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen

Weniger Treibhausgasemissionen 

«Jährlich fallen weltweit Millionen Tonnen Brauereinebenprodukte an, darunter auch eiweissreichen Rückstände der Getreideschalen, so genannter Treber. Bisher wird dieser meist als Tierfutter genutzt oder entsorgt, wodurch ein wertvoller Rohstoff verlorengeht», weiss Dimitri Chryssolouris, wissenschaftlicher Assistent in der Forschungsgruppe Ökobilanzierung am Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen. Im Rahmen von CHEERS untersucht er die ökologischen, ökonomischen und sozialen Auswirkungen neuer Produkte aus Brauereinebenströmen. Mit der ganzheitlichen Life-Cycle-Sustainability- Assessment-Methode vergleichen die Forschenden die Produkte mit bestehenden Referenzprodukten, etwa mit Protein aus Molke oder Erbsen. «Das Protein aus Insekten, die mit Biertreber gefüttert wurden, verursacht im untersuchten Szenario deutlich geringere Treibhausgasemissionen als das Molkenprotein», erklärt Chryssolouris. Dies biete vielversprechende Perspektiven, denn Molke sei eine beliebte Proteinquelle, für die es Ersatzprodukte zu finden gilt, wenn weniger Milchprodukte und Fleisch konsumiert werden: «Umweltfreundliche Alternativen, die aus Nebenprodukten hergestellt werden, sind wichtig, um Kreisläufe zu schliessen, Lücken zu füllen, aber auch die Abhängigkeit von nicht zukunftsfähigen Systemen zu reduzieren.» 

Neue Wertschöpfung, neue Chancen 

Noch sind die neuen Produkte, wie sie im Projekt hergestellt werden, vergleichsweise teuer. Dies dürfte sich aber in Zukunft ändern, ist Chryssolouris überzeugt: «Mit steigender Produktionsmenge und der vermehrten Nachfrage nach klimafreundlichen Erzeugnissen werden diese preislich attraktiv und es dürfte sich in Zukunft für Unternehmen lohnen, die wertvollen Nebenproduktströme zu nutzen.» Ebenso wichtig wie der Preis sei aber auch die Akzeptanz, betont Chryssolouris: «Nachhaltige Produkte sind nur dann erfolgreich, wenn sowohl die Verbraucher:innen als auch die Industrie offen für Neues sind.» Im Projekt werden auch soziale Auswirkungen der Produkte aus Brauereinebenströmen untersucht. Das sei zwar eine Herausforderung, da Prognosen zu künftigen Wertschöpfungsketten gemacht werden müssen, zugleich aber sehr spannend, findet Chryssolouris. «Die CHEERS-Fettsäuren könnten beispielsweise Palmöl ersetzen. Dabei betrachten wir nicht nur bekannte Probleme wie Korruption oder Monokulturen in den Produktionsländern, sondern auch die Chancen, wie neue Industriezweige und zusätzliche Arbeitsplätze.» 

Aufmacherbild: Evgeniy Kalinovskiy

0 Kommentare

Sei der Erste der kommentiert!

Kommentar ist erforderlich!
Name ist erforderlich!
Gültige E-Mail ist erforderlich!
This site is protected by reCAPTCHA and the Google Privacy Policy and Terms of Service apply.