Reto Schnellmann, ZHAW

«Wir haben eine reelle Chance, das Schlimmste zu vermeiden»

06.12.2022
4/2022

Energiesparen soll zur Normalität werden – nicht nur angesichts der gegenwärtig drohenden Mangellage. Das wünscht sich Verwaltungsdirektor Reto Schnellmann. Der oberste ZHAW-Sicherheits­verantwortliche spricht im Interview über die Sparmassnahmen und die Verantwortung der Hochschule.

Herr Schnellmann, wie oft haben Sie heute schon die Treppe statt den Lift benutzt?

Reto Schnellmann: Ich bin heute schon dreimal rauf in den vierten Stock gelaufen und wieder runter. Dabei habe ich mir gesagt, das würde mir auch sonst guttun.

Das Treppensteigen ist eine der Energiesparmassnahmen, die Mitarbeitenden und Studierenden der ZHAW empfohlen wird. Daneben gilt es, Geräte ganz abzuschalten, Hände kalt zu waschen oder Licht konsequent auszuschalten. Was bringen diese Massnahmen?

Wir haben im Massnahmen-Konzept fünf Szenarien definiert. Das  reicht von Szenario 1 als Normalzustand über den aktuellen Appell, mit dem bis zu 10 Prozent Strom eingespart werden soll, bis hin zu Stromabschaltungen oder Blackouts als möglichen Szenarien. Unser Ziel muss sein, die letzten Stufen unbedingt zu vermeiden. Bis zu 15 Prozent Einsparungen – wahrscheinlich auch 20 Prozent – könnten wir verkraften, ohne dass wir den Hochschulbetrieb grundsätzlich in Frage stellen müssten. Darüber hinaus wäre das nicht mehr möglich. Wenn also die Solidarität in der Schweiz funktioniert und sich ein paar andere Parameter günstig entwickeln, haben wir mit dem «freiwilligen» Sparen eine reelle Chance, das Schlimmste zu vermeiden.

Hat die ZHAW mit ihrem Forschungsschwerpunkt Energie eine besondere Verpflichtung, Energiesparmassnahmen umzusetzen?

Wir haben diese Verantwortung nicht unbedingt wegen dieses Forschungsschwerpunkts, sondern weil wir als öffentliche Hochschule mit Praxisorientierung und einem Bildungsauftrag eine gesellschaftliche Verantwortung tragen: Wir sollten mit gutem Beispiel vorangehen. Darum haben wir uns schon früh vorbereitet und als der Regierungsratsbeschluss  kam, konnten wir recht entspannt sein, weil wir das meiste der Massnahmen schon veranlasst hatten. Einzig die Entscheidung zur Senkung der Heiztemperatur mussten wir noch umsetzen. Denn Heizen war noch gar kein Thema, als wir mit den Vorbereitungen begonnen haben.

Sustainability ist ein wichtiger Bestandteil der Strategie: Was tut die ZHAW, unabhängig von der aktuellen Lage, um Energie zu sparen und die Umwelt möglichst wenig zu belasten, etwa bei Neubauten?

Wir versuchen bei allen neuen Gebäuden, die wir planen, nachhaltig zu sein. Das ist auch eine Auflage des Kantons. Die ZHAW hat den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes im Auge und möchte dafür die energetisch und kostentechnisch optimale Lösung. Das bedeutet aber teilweise höhere Investitionen bei der Realisierung. Die kantonale Verwaltung und auch das Parlament zielen bei der Erstellung auf möglichst kostengünstige Bauten, was in einem gewissen Widerspruch zu einer langfristigen, nachhaltigen Sichtweise stehen kann. Wir würden uns wünschen, noch weiter gehen zu können.

Das ist ein ziemlicher Spagat …

Ja, und es gibt noch ein anderes Spannungsfeld. Aus Forschungssicht wäre es interessant, in den neuen Gebäuden Dinge auszuprobieren, die noch nicht marktreif sind. Das bedeutet aber, gewisse Risiken einzugehen, wobei gleichzeitig alle einen sicheren Betrieb wollen.

Was ist Ihr Wunsch in Bezug auf die aktuelle Lage?

Ich wünsche mir, dass wir zumindest einen Teil der Massnahmen nicht nur während der Strommangellage befolgen, sondern nachhaltig so weiterführen.

Die Szenarien des ZHAW- Massnahmenplans zur Bewältigung einer Energiemangellage

Szenario 1: Normalzustand 

Szenario 2: Einsparungen bis 10 Prozent Energie (aktuell) 

Szenario 3a: Kontingentierung und Einsparung von 15 Prozent Energie

Szenario 3b: Kontingentierung und Einsparung von 30 Prozent Energie

Szenario 4: Zyklische Stromabschaltungen

Szenario 5: Blackouts

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