Digital Life Sciences

Medizininformatik: Daten managen für eine bessere Gesundheit

19.09.2023
3/2023

Unsere Körperfunktionen werden immer mehr vermessen. Dabei entstehen riesige Datenmengen. In interdisziplinären Studiengängen lernen Studierende an der ZHAW, diese richtig zu interpretieren und zu managen. 

Die Datenflut im Gesundheitsbereich nimmt ständig zu. Die Digitalisierung verspricht ein besseres Verständnis von Krankheiten und somit auch gezieltere Massnahmen zur Prävention, genauere Diagnosen und personalisierte Behandlungen. Um von den riesigen Datenmengen zu profitieren, müssen sie jedoch richtig verstanden und sinnvoll genutzt werden. Dies lernen Studierende in zwei neuen Digital-Health-Studiengängen der School of Engineering sowie des Departements Life Sciences und Facility Management.

Diesen Sommer starten rund 60 Personen mit dem neuen Bachelorstudium Medizininformatik an der School of Engineering. Sie eignen sich das Rüstzeug an, um künftig an den Schnittstellen zwischen den Bereichen Medizin und Informatik zu arbeiten – etwa in Spitälern oder bei Krankenkassen. «Unsere Studierenden lernen, beide Welten zu verstehen», erklärt Thomas Järmann, Leiter Lehre am Departement. Sie programmierten in der Regel nicht selber umfangreiche und komplexe Software, passten jedoch diese zum Teil an die spezifischen Verhältnisse an und sorgten dafür, dass die gesammelten Daten von diagnostischen Tests, Medikamenten, Therapien und Operationen übersichtlich und sicher an der richtigen Stelle verfügbar sind.

Fachkräfte gefragt

Während der sechs Semester im Vollzeit- beziehungsweise acht Semester im Teilzeitstudium beschäftigen sich die Studierenden unter anderem mit den Grundlagen des Gesundheitssystems und der Medizin, mit Machine Learning in der Diagnostik, Robotik im Rehabilitationsbereich, Bioinformatik und Statistik, aber auch mit Datenschutz und Ethik. Im engen Kontakt mit Branchen des Gesundheitswesens habe sich gezeigt, dass der Bedarf an entsprechenden Fachkräften gross sei, sagt Järmann.

«Unsere Studierenden lernen, beide Welten zu verstehen – die der Medizin und jene der Informatik.»

Thomas Järmann, Leiter Lehre an der School of Engineering

Im interdisziplinären Studiengang der ZHAW unterrichten auch Dozierende der Bereiche Gesundheit, Life Sciences, Gesundheitsökonomie, Wirtschaftsinformatik und Linguistik. Ebenso divers sind die Vorerfahrungen der ersten Studierenden: Während die einen aus der Pflege oder Sozialarbeit kommen, bringen andere einen kaufmännischen Hintergrund mit und einige wenige stammen aus der Informatik. «Die Heterogenität ist eine Herausforderung», sagt Thomas Järmann. «Wir wollen aber alle Interessierten abholen.» Eine gute Vorbereitung seien die mathematischen Vorkurse der School of Engineering.

Zwischen Informatik und Naturwissenschaften

Derweil sind in Wädenswil bereits vor einem Jahr 47 Personen im neuen Bachelorstudiengang Applied Digital Life Sciences gestartet und rund 50 weitere beginnen dieses Jahr. Es handelt sich schweizweit um ein einzigartiges Angebot. Die Studierenden lernen mit Big Data umzugehen, die mitten aus dem Leben stammen – etwa aus den Bereichen Pharmazie, Chemie, Biotechnologie, Landwirtschaft, Umwelt oder Gesundheitswesen. Ab dem vierten Semester tauchen sie in eine von drei Vertiefungsrichtungen ein: Digital Environment (Umweltbereich), Digital Labs and Production (Labore und Produktionsstätten unter anderem der Chemie-, Pharma- und Lebensmittelbranche) oder Digital Health (Bereich Gesundheit).

«Der Studiengang ist so interdisziplinär und abwechslungsreich, wie ihr späterer Berufsalltag sein wird.»

Céline Reinbold, Studiengangleiterin

In der Vertiefung Digital Health werden neben Konzepten für die Datenverarbeitung auch anatomische und physiologische Kenntnisse vermittelt sowie statistische Anwendungen zum Umgang mit Daten aus der Epidemiologie und Genetik. «Informatik und Naturwissenschaften halten sich ungefähr die Waage», sagt Studiengangleiterin Céline Reinbold. Genau dieses Profil sei im Gesundheitswesen vermehrt gefragt, betont die Psychologin und Hirnforscherin. «Es braucht Leute, die zwischen diesen Bereichen vermitteln können und beide Sprachen sprechen.»

Interdisziplinär und abwechslungsreich

Typische Einsatzorte sind unter anderem Pharmakonzerne, die individuelle Krebstherapien aufgrund genetischer Profile von Patientinnen und Patienten entwickeln, oder ein Schlaflabor, wo viele medizinische Parameter gemessen und ausgewertet werden. Auch die Tiermedizin kann von Applied-Digital-Life-Sciences-Spezialistinnen und -Spezialisten profitieren: Hier wird zum Beispiel an Sensoren geforscht, welche die Vitalzeichen von Pferden erheben. Lernfähige Algorithmen bestimmen daraus anschliessend die Ovulationsphasen von Stuten. Somit können invasive Untersuchungen vermieden werden.

Auch dieser Studiengang baut auf einer Zusammenarbeit mit diversen anderen Instituten der ZHAW sowie mit dem Studiengang Data Science der School of Engineering auf. Dieser Ansatz ermögliche den Studierenden einen Überblick über verschiedene Fachgebiete, erklärt Céline Reinbold. «Der Studiengang ist so interdisziplinär und abwechslungsreich, wie ihr späterer Berufsalltag sein wird.»

 

Labordiagnostik und Daten-Management

Um Daten aus dem Gesundheitsbereich und den Naturwissenschaften geht es auch in zwei weiteren Studiengängen des Departements Life Sciences und Facility Management:

  • Im Bachelorstudiengang Biomedizinische Labordiagnostik lernen Studierende vielfältige diagnostische Methoden in Medizinlabors kennen und anwenden. Mögliche Berufsfelder sind das Gesundheitswesen, die Forschung oder die Industrie. «Für die Mehrzahl der medizinischen Diagnosen werden Labortests benötigt», sagt Studiengangleiterin Sylvia Kaap-Fröhlich. «Unsere Absolventen und Absolventinnen helfen, die Gesundheit der Bevölkerung zu verbessern.»
  • Der Masterstudiengang Applied Computational Life Sciences wendet sich an Personen mit einem Life-Sciences-Bachelor oder anderem Hintergrund wie etwa Engineering. Der individuell gestaltbare Studiengang vermittelt Skills für das Trainieren von KI (Machine Learning, künstliche neuronale Netzwerke), Analyse und Visualisierung von Big Data sowie Modellierung und Simulation. «Diese Schlüsselqualifikationen machen fit für die digitale Zukunft», sagt Vertiefungsleiter Matthias Nyfeler.

0 Kommentare

Sei der Erste der kommentiert!

Kommentar ist erforderlich!
Name ist erforderlich!
Gültige E-Mail ist erforderlich!
This site is protected by reCAPTCHA and the Google Privacy Policy and Terms of Service apply.