Viele Zimmer und ein Büro
Wohnraum ist knapp in der Schweiz. Bei der Lösungssuche geht es auch darum, zu berücksichtigen, was sich Bewohnerinnen und Bewohner wünschen. Eine Studie der School of Management and Law gibt Antworten darauf.
Im Juni dieses Jahres standen in der ganzen Schweiz 51‘974 Wohnungen und Einfamilienhäuser leer und waren zum Verkauf oder zur Miete frei – das entspricht 1,08 Prozent des gesamten Wohnungsbestandes, wie das Bundesamt für Statistik errechnet hat. In der Grossregion Zürich waren es sogar nur 0,56 Prozent. Bei einer Leerstandsquote von 1 Prozent und weniger spricht das Bundesamt für Wohnungswesen von einer Wohnungsknappheit.
Auf der Suche nach Lösungen aus der Wohnungsknappheit wird in der öffentlichen Diskussion eine Bevölkerungsgruppe häufiger genannt: die ältere Generation, Ehepaare oder Alleinstehende, die nach dem Auszug der Kinder allein in der ehemaligen Familienwohnung leben. Neudeutsch wird diese Bevölkerungsgruppe als «Empty Nester» bezeichnet, als Personen in einem leeren Nest.
«Insbesondere unter dem Aspekt der Wohnungsknappheit lässt sich die optimale Wunschvorstellung auf dem Wohnungsmarkt natürlich nur begrenzt erreichen.»
Wie stehen diese «Empty Nester» dazu, ihre Wohnungen wieder für andere Familien freizugeben? Und was wünschen sich jüngere Generationen – Familien in verschiedenen Lebensphasen – bezüglich ihres Heims? Dieser Frage ist die School of Management and Law in der repräsentativen Studie «Wohnraumnutzung aus individueller Sicht. Was brauchen bzw. wünschen sich Herr und Frau Schweizer wirklich?» nachgegangen. Herausgegeben wurde die Studie vom Bundesamt für Wohnungswesen, das die Studie zusammen mit dem Hauseigentümerverband Schweiz, der Fédération Romande Immobilière sowie Raiffeisen Schweiz finanziert hat. «Insbesondere unter dem Aspekt der Wohnungsknappheit lässt sich die optimale Wunschvorstellung auf dem Wohnungsmarkt natürlich nur begrenzt erreichen», schränkt Selina Lehner ein, Co-Leiterin der Studie und Dozentin an der School of Management and Law.
Zimmerzahl wichtiger als Wohnfläche
Die umzugsbereiten Personen wurden in der Befragung nach ihren Wohnungswünschen und ihrer Kompromissbereitschaft gefragt. Dabei zeigen sie sich am wenigsten kompromissbereit bei der Zimmeranzahl und den Wohnkosten: 42 Prozent möchten bei der Zimmeranzahl und 32 Prozent bei den Wohnkosten nicht von ihrer Wunschvorstellung abweichen. Eher noch ginge man einen Kompromiss bei der Wohnfläche ein. Ein neuerer Trend: Das Büro entwickelt sich zunehmend zu einem unverzichtbaren Raum. 61 Prozent der Befragten möchten zukünftig ein Büro in den eigenen vier Wänden haben – auch nach der Pensionierung.
Eine wichtige Frage angesichts der Wohnungsknappheit ist, wie gross die Bereitschaft wäre, sich beim Wohnraum zu beschränken. Das Ergebnis der Studie ist eindeutig: Gut 70 Prozent der Befragten aller Altersgruppen wollen keine Verkleinerung des Wohnraums, und fast gleich viel, nämlich 67 Prozent, empfinden ihre Wohnungs- oder Hausgrösse als angemessen. Wenn man umziehen möchte, dann eher in eine grössere Wohnung, weil die Familie wächst. Mit zunehmendem Alter erhöht sich die Bereitschaft zum Downsizing nur leicht. Gemäss den befragten Personen scheint ein Überschuss von zwei Zimmern, also zwei Zimmer mehr als Personen im Haushalt, die ideale Wohnungs-/Hausgrösse.
Grösster Zimmerüberschuss bei Wohneigentum
Die «Empty Nester» hätten das grösste Potenzial, ihren Wohnraum zu verkleinern: 38 Prozent der befragten «Empty Nester» haben einen Zimmerüberschuss von mehr als zwei Zimmern, wohnen sie im Eigenheim, sind es sogar 61 Prozent. Bei den übrigen Altersgruppen sind es etwa 12 Prozent, welche einen Überschuss von mehr als zwei Zimmern haben.
«Die Empty Nester nutzen ihr Potenzial zur Verkleinerung nur begrenzt», sagt Selina Lehner. «Es zeigt sich, dass die Kombination von Umzug und Verkleinerung – also zwei einschneidenden Veränderungen gleichzeitig – besonders herausfordernd ist», so Lehner. «Wenn zudem wichtige Anreize fehlen, wird diese Entscheidung häufig aufgeschoben.»
Ein solcher Anreiz wäre etwa, dass man mit einer günstigeren Miete Geld sparen könnte. Nur ist das aufgrund der Wohnungsknappheit selten der Fall: Die Neumiete für kleinere Wohnungen ist oftmals teurer als die Bestandsmiete der grösseren Wohnung, die man bereits seit längerer Zeit bewohnt. Lehner spricht hier von einem «Lock-in-Effekt»: Selbst wenn eine Umzugsbereitschaft da wäre, ist der Wohnungssuchende in seinem Zuhause eingesperrt, weil bezahlbare Wohnalternativen fehlen.
(Bild: pixabay)
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