Vom Schulschwänzen, Palmöl und von smarter Navigation

25.11.2025
2/2025

Wie lassen sich Reststoffe der Palmölproduktion sinnvoll verwerten? Welche Aufgaben kann die Schulsozialarbeit übernehmen, wenn Kinder dem Unterricht fernbleiben?  Und was trägt KI zum autonomen Fahren bei? Drei Bachelorarbeiten geben Antworten.

Kompostieren reduziert Umweltprobleme  

Palmöl herzustellen, belastet die Umwelt. Nicht nur, weil für Plantagen Regenwald gerodet wird. Sondern auch, weil beim Pressen der Früchte Reststoffe zurückbleiben. In Ölmühlen fallen unter anderem leere Fruchtstände sowie Prozessabwasser an. «Werden diese Rückstände unkontrolliert gelagert, können sie erhebliche Umweltprobleme verursachen», sagt Marion Seger, die am Departement Life Sciences und Facility Management studiert hat.

Aus logistischen und finanziellen Gründen bleibt das überwiegend organische Material meist in der Nähe der Mühlen liegen. Feste Pflanzenreste werden in Haufen aufgeschichtet oder verbrannt, flüssige Nebenprodukte werden in offenen Becken gesammelt. Diese Methoden führen zu anaeroben Verhältnissen und somit dazu, dass viel Methan entweicht. «Kompostieren ist eine der vielversprechendsten Strategien, um dem entgegenzuwirken», betont die Bachelorabsolventin. Sie sei wirkungsvoll und lasse sich relativ einfach umsetzen.

Wie Kompostmieten aus leeren Fruchtständen und Prozessabwasser optimalerweise angelegt, bewässert und gewendet werden, hat Seger in der Elfenbeinküste untersucht. Sie ist dabei vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) und einem lokalen Team unterstützt worden. Ihre Messungen, Laboranalysen und Pflanzentests dokumentieren, dass die Abfälle von Palmölmühlen nachhaltig verwertet werden und klimaschädlichen Importdünger ersetzen könnten. Die Produzierenden würden von einer günstigeren Alternative, fruchtbareren Böden und besseren Ernten profitieren. Vor Ort würden zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen. Zudem lasse sich Biogas daraus gewinnen. «Das wäre ein weiterer wichtiger Baustein für eine nachhaltige Produktion.»

Marion Seger (32) zeigt in ihrer Bachelorarbeit auf, wie sich Rückstände der Palmölproduktion nachhaltig verwerten lassen. Um die Kompostierung zu optimieren, hat sie drei Monate in Adiaké (Elfenbeinküste) geforscht. Dort werden ihre Erkenntnisse nun umgesetzt. «Über 1000 Säcke Kompost sind bereits verkauft worden», sagt die Umweltingenieurin. Sie hat die Note 6 erhalten und ist mit dem ZHAW SDG Thesis Award ausgezeichnet worden. Zurzeit widmet sie sich einem Palmöl-Agroforstprojekt in Ecuador. Sie ist zudem als Obstbäuerin tätig.

Wie der Weg zurück in die Schule gelingt

Bis in einer Schule auffällt, dass ein Kind übermässig schwänzt, kann es dauern. «Schulabsentismus zu erkennen, ist häufig sehr schwierig», sagt Anna Borghetti, die an der ZHAW Soziale Arbeit studiert hat. Lehrpersonen seien mit grossen Klassen konfrontiert und müssten vielfältigen Anforderungen gerecht werden. Schulmeidendes Verhalten entwickle sich zudem meist schleichend. Es beginne etwa mit einer passiven Haltung im Unterricht und gelegentlichem Fernbleiben, bis sich die Absenzen häuften. «Die Problematik wird oft unterschätzt und hauptsächlich als administrative Herausforderung betrachtet.»

Dadurch kann wertvolle Zeit verstreichen, in der sich Betroffene von der Schule entfremden und das Risiko negativer Folgen für ihre weitere Entwicklung steigt. «Es ist entscheidend, frühzeitig, geschlossen und interprofessionell aktiv zu werden», sagt die Autorin. Schulabsentismus sei nicht als individuelles Fehlverhalten, sondern als Ausdruck ineinandergreifender Belastungsfaktoren zu verstehen. Das Konzept der «Neuen Autorität» bietet Orientierung für ein gemeinsames Verständnis und ein handlungsleitendes Vorgehen, etwa durch wachsame Präsenz, gewaltfreie Kommunikation und den Aufbau eines unterstützenden Netzwerks. Schulsozialarbeitende verfügen über Ressourcen und Kompetenzen, um dabei eine vermittelnde Rolle zu übernehmen. Sie können dazu beitragen, Ursachen und Dynamiken zu verstehen, und die Rückkehr in den Schulalltag begleiten und dabei das betroffene Kind, dessen Eltern, Lehrpersonen sowie externe Fachkräfte einbinden. «Ziel ist es, Überforderung zu vermeiden, Selbstwirksamkeit zu stärken und Vertrauen aufzubauen», sagt Borghetti, die für die Reintegration einen praxisnahen Handlungsplan vorlegt. 

Anna Borghetti (31) befasst sich in ihrer Bachelorarbeit mit Schulabsentismus. Sie legt dar, wie Sozialarbeitende betroffene Kinder, deren Umfeld sowie Lehrpersonen unterstützen können. Dabei fokussiert sie auf die Reintegration. «Dazu gibt es erst wenig Literatur», sagt die ZHAW-Absolventin. Sie hat neben dem Studium in einer Schule gearbeitet und ist so auf die Problematik aufmerksam geworden. Anna Borghetti hat für ihre Arbeit die Bestnote erhalten. Nach einem Auslandaufenthalt ist sie nun wieder in der Sozialen Arbeit tätig. Die Arbeit ist auf der digitalcollection der ZHAW einsehbar.

KI berechnet Fahrwege

Weniger Unfälle, Stau und Umweltbelastungen: Autonomes Fahren soll den Verkehr positiv verändern. «Die Technologie ist vielversprechend und entwickelt sich rasant», sagt Sandro Bachmann, der an der School of Engineering Systemtechnik studiert hat. Bis sich Fahrzeuge selbstständig und sicher in komplexen, sich dynamisch verändernden Umgebungen bewegen, müssen die Navigationssysteme allerdings noch verbessert und intensiv trainiert werden. Neben realen bieten sich dafür virtuelle Testflächen an. «Man kann beliebige Szenarien simulieren und ein Modell rund um die Uhr kostengünstig und sicher vorantreiben», erklärt Bachmann. Zusammen mit Batuhan Ayfer hat er im Open-Source-Framework CARLA ein Simulationsgebiet gestaltet, mit dem sich die autonome Steuerung des Elektromobils «Nina» weiterentwickeln lässt.

Das Gefährt stammt aus der Entwicklungsabteilung von KYBURZ Switzerland, wo Ayfer arbeitet. Es wird an der ZHAW für Forschungszwecke eingesetzt und ist erstmals für eine Bachelorarbeit genutzt worden. «Nina» ist mit mehreren Sensoren ausgestattet, die unter anderem mittels Laserimpulsen Entfernungen messen und bisher die Basisdaten für das autonome Fahren lieferten. «Wir nutzen nun zusätzlich die Frontkamera», sagt Batuhan Ayfer. Sie liefert weitere Informationen über eine Verkehrssituation, welche mit KI ausgewertet werden. Neu muss das Elektromobil eine Strecke nicht mehr kennen, damit es sie autonom zurücklegen kann. Ein von den ZHAW-Absolventen entwickelter Algorithmus berechnet zwischen Start- und Zielpunkt kontinuierlich die anzufahrenden Wegpunkte, die sich dynamisch an die Umgebung anpassen. Er leitet aus den Kameradaten also direkt ab, wie «Nina» navigieren soll. Darauf können künftige Forschungsarbeiten und reale Anwendungen aufbauen.

Batuhan Ayfer (25) und Sandro Bachmann (26) haben sich dem autonomen Fahren gewidmet. Sie haben eine Pipeline entwickelt, in der ein neuronales Netzwerk Kamerabilder verarbeitet und daraus eigenständig Fahrwege berechnet. Um das Modell zu trainieren, haben sie eine Simulationsumgebung aufgebaut. «Es hat uns gereizt, die innovative Technologie mit künstlicher Intelligenz zu kombinieren», sagen die Bachelorabsolventen. Sie haben für die Arbeit die Note 6 und den Stadler Award erhalten. Ayfer arbeitet als Entwicklungsingenieur bei KYBURZ Switzerland, Sandro Bachmann als Manager «Digitalisierung und Automation» bei der Schaltag AG.

2 Kommentare

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  • Z

    ZHAW-Impact
    02.12.2025, 08.50
    Guten Tag Frau Geertsen Vielen Dank für das Interesse an der Arbeit. Wir haben die Arbeit im Artikel verlinkt. Freundliche Grüsse Sara Blaser
  • M

    Margrit Geertsen,
    01.12.2025, 15.27

    Kann die Arbeit "wie der Weg zurück in die Schule gelingt" eingesehen werden?

    Wir (Fachpersonen aus Schule, Klinik, Kinder- und Jugendhilfezentrum, SSA) sind an der Entwicklung eines Leitfadens welche das Thema "Wiedereinstieg von Schülern nach längerer Abwesenheit" zum Thema hat und interessieren uns sehr für diese Arbeit. MFG M. Geertsen