Von der Energiewende und Alzheimer-Diagnosen per App
Wie nachhaltig ist der Abbau von Lithium? Wie zeigt sich Demenz in Mimik und Sprache? Und wie können Sozialarbeiterinnen und -arbeiter vorläufig aufgenommene Menschen unterstützen? Drei Bachelorarbeiten liefern neue Erkenntnisse.
Wie Zuwandernde unterstützt werden können
Wer in die Schweiz einwandert, soll sich integrieren. So sieht es die Gesetzgebung vor. Um ausländerrechtliche Bewilligungen zu erlangen, müssen Migrantinnen und Migranten daher gewisse Anforderungen erfüllen. Sie erleben allerdings häufig Diskriminierungen, die ihnen dies erschweren. «Sie befinden sich in einem Spannungsfeld», sagt Anja Herrli. Die ZHAW-Absolventin hat im Rahmen eines Praktikums zugewanderte Jugendliche betreut. «Sie sollen eine Ausbildung machen, werden aber benachteiligt, wenn sie nur schon einen Platz für eine Schnupperlehre suchen.» Wie Herrli in ihrer Abschlussarbeit aufzeigt, ist die Situation für vorläufig aufgenommene Personen besonders schwierig. Dabei handelt es sich um Menschen, die kein Asyl erhalten, jedoch nicht zurückgewiesen werden können. Etwa weil ihnen in ihrer Heimat Krieg, Verfolgung oder eine medizinische Notlage droht. «Ihr Alltag ist häufig von Verboten und Einschränkungen geprägt», so die Autorin. Vorläufig Aufgenommene müssen beispielsweise ein Gesuch stellen, wenn sie den Kanton wechseln möchten. Sie erhalten tendenziell weniger Sozialhilfe und haben geringere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. «Um sie zu unterstützen, sollten sich Sozialarbeitende mit deren Lebenswelt auseinandersetzen», sagt Herrli und streicht die Bedeutung interkultureller Kompetenzen hervor. Angebote sollten einfach zugänglich sein und Partizipationsmöglichkeiten bieten. Mit sozialer Arbeit sollte Diskriminierungen präventiv entgegengewirkt werden und auf politischer Ebene für Verbesserungen gesorgt werden.
Anja Herrli (24) ist der Frage nachgegangen, wie die Soziale Arbeit vorläufig aufgenommene Menschen unterstützen kann. Dabei hat sie sich insbesondere mit dem Konzept der Lebensweltorientierung befasst. «Diskriminierungen wirken sich auf die Integration aus», sagt sie. «Diese Wechselwirkung wird noch zu wenig beachtet.» Anja Herrli hat für ihre Bachelorarbeit die Note 6 erhalten. Sie ist bei der Stiftung Mojuga angestellt und in Hombrechtikon in der Offenen Jugendarbeit tätig.
Lithium soll nachhaltiger abgebaut werden
Lithium spielt eine zentrale Rolle, wenn fossile Brennstoffe ersetzt werden sollen. Das Leichtmetall wird unter anderem in Akkus eingesetzt, wie sie in E-Bikes, E-Autos und zur Speicherung von Energie aus erneuerbaren Quellen verwendet werden. «Lithium wird für die Energiewende entscheidend sein», sagt Nicolas Müller, der an der School of Management and Law studiert hat.
Die Nachfrage nach dem Metall werde in den nächsten Jahren stark zunehmen. 2030 dürften 300’000 Tonnen Lithium fehlen, wenn der Abbau nicht intensiviert werde. «Es braucht zusätzliche Anstrengungen und Investitionen», sagt Müller. Grosses Potenzial sieht der ZHAW-Absolvent dafür in Südamerika. Argentinien, Chile und Bolivien verfügen zusammen über Lithium-Reserven von 50 bis 55 Millionen Tonnen. Aktuell produzieren sie rund 54 000 Tonnen pro Jahr. Allerdings belasten herkömmliche Abbauverfahren die Umwelt erheblich. Sie verbrauchen und verunreinigen grosse Mengen an Wasser und Land. Zudem benötigen sie viel Energie, verursachen CO₂-Emissionen, schaden der Biodiversität und können Konflikte mit der lokalen Bevölkerung auslösen. «Investierende sollten auf nachhaltigere Technologien setzen», sagt Müller und nennt als Beispiel die Methode DLE (Direct Lithium Extraction). Er hat ein Excel-Tool programmiert, welches hilft, Projekte in Bezug auf ihre ökologischen und sozialen Folgen zu bewerten. Dieses soll Investmentfirmen helfen, Entscheidungen zu treffen. «So haben sie die Chance, Nachhaltigkeit stärker zu gewichten.»
Nicolas Müller (24) hat in seiner Bachelorarbeit in International Management untersucht, wie nachhaltig der Lithiumabbau in Südamerika ist. Um Investoren bei dieser Bewertung zu unterstützen, hat er ein Excel-Tool entwickelt. Er hat dieses mit Fachleuten diskutiert, angepasst und auf zwei Fallstudien angewandt. Seine Abschlussarbeit ist als beste seines Jahrgangs ausgezeichnet worden. Müller hat die Note 6 und den ZHAW SDG (Sustainable Development Goals) Award erhalten. Er absolviert zurzeit den Masterstudiengang «Climate Change, Management & Finance» am Imperial College in London.
App hilft bei Diagnose
Erkrankungen beeinflussen, wie jemand aussieht, auftritt und wirkt. Alzheimer und Parkinson verändern unter anderem die Mimik, das Sprachverhalten und den Puls eines Menschen. Intelligente digitale Lösungen helfen dabei, solche Hinweise frühzeitig zu erkennen und Betroffene optimal zu behandeln. «Das Potenzial für medizinische Anwendungen ist gross», sagt Pascal Eberhard. Zusammen mit Nicola Kreis hat er eine iOS-Anwendung entwickelt, die Fachleute bei der Diagnose der beiden neurodegenerativen Krankheiten unterstützen kann.
Während kognitiver Tests nutzt die App das integrierte Mikrofon sowie die Kameras des iPhones, um Gesichtsausdrücke und die Stimme einer Person aufzuzeichnen. Über einen externen Sensor – einen Pulsmesser – misst sie zudem deren Herzfrequenz. Die gesammelten Daten stellt sie in Echtzeit auf dem Bildschirm dar und bereitet sie für die weitere Analyse auf. Dank künstlicher Intelligenz soll die Anwendung dereinst objektive Informationen dazu liefern, ob jemand an Alzheimer oder Parkinson erkrankt ist oder nicht. «Das Tool muss jetzt noch breiter trainiert und medizinisch überprüft werden», sagen die ZHAW-Absolventen, die sich an einem internationalen Projekt beteiligt haben. Ihre App soll nun von Forschenden der Seoul National University of Science and Technology klinisch getestet und weiterentwickelt werden. Um ihre Anwendung zu demonstrieren, haben Eberhard und Kreis zudem ein Autorenn-Game programmiert. Nutzende steuern darin einen Rennwagen – nicht mit Tasten oder einem Joystick, sondern mit Gesichtsausdrücken.
Pascal Eberhard (26) und Nicola Kreis (25) haben eine iOS-App entwickelt, die zur Früherkennung von Alzheimer und Parkinson eingesetzt werden könnte. «Das iPhone verfügt über viele Sensoren, die man intelligent nutzen kann», sagen sie. Damit liessen sich qualitativ gute Daten über Mimik, Sprache sowie den Puls einer Person erheben. Die Elektrotechnik-Absolventen haben für ihre Bachelorarbeit die Bestnote erhalten. Beide sind an der School of Engineering als wissenschaftliche Assistenten tätig.
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