Wie Hotels, Immobilien und die Soziale Arbeit nachhaltiger werden
Im Tourismus, in der Immobilienbranche und in der Sozialen Arbeit: Nachhaltigkeit ist das Thema der Stunde. Drei Abschlussarbeiten über neue Ideen und Ansätze.
Immobiliensektor: Mehr Vorgaben für weniger CO₂
Die Schweiz möchte bis 2050 deutlich weniger CO₂ verursachen. «Der Immobiliensektor wird dabei eine wichtige Rolle spielen», sagt Laura Archer-Svoboda, die an der School of Management and Law eine Masterarbeit zu dem Thema geschrieben hat. Immerhin sind etwa ein Viertel der ausgestossenen Treibhausgase auf Gebäude zurückzuführen. Dafür verantwortlich sind in erster Linie Öl- und Gasheizungen sowie schlechte Isolationen. «Da gibt es noch viel zu tun», so die Autorin. Damit es schneller vorwärtsgehe, brauche es strengere Gesetze, Vorgaben und zusätzliche Subventionen. Die Schweiz müsse dem Beispiel von Ländern wie Frankreich folgen, indem sie Energieausweise und Energie-Audits einführe und verbiete, Wohnflächen mit hohem Energieverbrauch zu vermieten. «Sonst wird sie ihr Reduktionsziel nicht erreichen.» Wie Laura Archer-Svoboda in ihrer Abschlussarbeit ausführt, werden Biodiversität, Kreislaufwirtschaft und graue Energie zurzeit kaum berücksichtigt. Auch soziale Faktoren werden weitgehend vernachlässigt. Dabei könnten sie «die Attraktivität eines Gebäudes erhöhen, die Leerstandquote senken und letztlich die langfristigen Renditen steigern». Die Branche verfügt zwar über zahlreiche Ratings, Labels und Zertifizierungen. Diese messen und taxieren aber unterschiedliche Aspekte und erschweren es so, die Bemühungen einzelner Unternehmen zu beurteilen und miteinander zu vergleichen. «Der Mangel an Transparenz verwirrt und macht es Investoren schwer, fundierte, auf Nachhaltigkeit basierende Entscheidungen zu treffen.»
Laura Archer-Svoboda (43) hat ihre Masterarbeit in Banking and Finance über Nachhaltigkeit im Immobiliensektor geschrieben. Sie legt dar, was eine Reduktion von CO₂-Emissionen behindert und wie Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekte (ESG) in einem Rating abgebildet werden könnten. Sie hat dafür mit einem Schweizer Beratungsunternehmen zusammengearbeitet; gemeinsam verfolgen sie das Thema im Rahmen eines Innosuisse-Projekts weiter. Laura Archer-Svoboda ist als wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Fachstelle für Asset Management der ZHAW tätig.
Hotels und Nachhaltigkeit: Tue Gutes und rede darüber
Wie wird der Spa-Bereich beheizt? Woher stammt das Filet auf dem Teller? Und: Wie reise ich möglichst umweltschonend an? Hotelgäste interessieren sich zunehmend für Nachhaltigkeit und erwarten Transparenz. Auch dem Personal und den Firmen, welche mit Gasthäusern zusammenarbeiten, ist der Klimaschutz wichtiger geworden. Die Schweizer Hotellerie bemüht sich daher verstärkt, umweltschonend zu wirtschaften. Zahlreichen Betrieben fällt es allerdings schwer, über ihr Engagement zu informieren. «Sie haben Mühe, Nachhaltigkeit auf interessante Weise zu vermitteln», sagt Tanja Fegble, die am Departement für Angewandte Linguistik studiert hat. Viele fänden das Thema komplex und herausfordernd. Sie befürchteten, sich erst recht angreifbar zu machen, wenn sie einzelne Massnahmen thematisierten. «Obwohl sie etwas tun, bleiben sie still», sagt die Masterabsolventin. Das Phänomen wird in der Forschung als «Greenhushing» bezeichnet. Der Begriff umschreibt eine «moralische Stummheit», während es beim «Greenwashing» um eine «moralische Heuchelei» geht. Tanja Fegble hat Empfehlungen erarbeitet, wie Hotels ihre Bemühungen besser sichtbar machen können. Sie rät unter anderem dazu, Verantwortliche für das Thema zu bestimmen und Mitarbeitende zu schulen. Die Kommunikation soll nicht primär als Marketinginstrument eingesetzt werden und auf die Gäste fokussieren. Sie soll sich ebenso an die Bevölkerung, die öffentliche Hand, Investierende und das Personal richten. Sie eröffne neue Chancen: «Sie führt zu mehr Buchungsanfragen und hilft bei der Rekrutierung von Mitarbeitenden.»
Tanja Fegble (30) hat untersucht, wie Schweizer Hotels über Nachhaltigkeit kommunizieren. «Viele sind nachhaltig engagiert», stellt sie fest. «Die Kommunikation darüber steckt aber noch in den Kinderschuhen». Die ZHAW-Absolventin empfiehlt den Betrieben etwa, mehrere Kanäle regelmässig zu nutzen und Feedbackmöglichkeiten einzubauen. Sie ist mit dem Farner Award für die beste Masterarbeit im Bereich Organisationskommunikation ausgezeichnet worden. Tanja Fegble arbeitet bei der Swiss in der Strategischen Kommunikation.
Wie Sozialarbeitende zu Chancengerechtigkeit beitragen
«Die fortschreitende Klimakrise ist das drängendste Problem unserer Zeit», sagt Robin Portmann. «Eigentlich müssten sich alle Fachbereiche darauf beziehen.» Gerade für die Soziale Arbeit, die sich an den Menschenrechten orientiere, sei Nachhaltigkeit zentral. Dennoch äussere sie sich nur spärlich zu dem Thema. Ökologische und ökonomische Aspekte stünden im Vordergrund. Portmann erwähnt die 17 Sustainable Development Goals (SDGs), welche die Vereinten Nationen (UNO) bis 2030 erreichen möchten. Darunter sind vier Ziele, welche der Sozialen Arbeit seit jeher ein Anliegen sind: «Bekämpfung von Armut», «Chancengerechtigkeit in Bildung», «Gleichstellung aller Geschlechter» sowie «Verringerung von weiteren Ungleichheiten». Während seines Studiums habe er zu wenig von den 17 SDGs gehört, berichtet der Bachelorabsolvent. Für ihn ist klar: «Sie müssen in unserer Profession, aber auch in der Öffentlichkeit präsenter werden – erst dann werden die Bemühungen für Nachhaltigkeit zunehmen.» Robin Portmann zeigt in seiner Abschlussarbeit auf, welche Bedeutung Bildung im Nachhaltigkeitsdiskurs hat. Für Sozialarbeitende sieht er gerade in diesem Kontext eine Möglichkeit, Konzepte für eine nachhaltige Entwicklung stärker aufzunehmen. Mit Angeboten im nonformalen und informellen Bereich könnten sie direkt an die Lebenswelt von Kindern, Jugendlichen und deren Familien anknüpfen. «Sie können Nachhaltigkeitsprinzipien besonders nah und erfolgreich vermitteln». Darüber hinaus brauche es einen intensiveren Austausch mit anderen Fachrichtungen: «Nachhaltigkeit ist ein riesiges interdisziplinäres Projekt».
Robin Portmann (27) hat sich in seiner Bachelorarbeit mit sozialer Nachhaltigkeit befasst. Er ist insbesondere der Frage nachgegangen, wie der Aspekt im Bildungskontext berücksichtigt werden kann. «Die Profession der Sozialen Arbeit sollte den Diskurs aktiver mitgestalten», findet er. Portmann hat vor, sich dereinst im Rahmen eines Masterstudiums erneut dem Thema zu widmen. Er ist als Sozialpädagoge in einer Institution der Stiftung Zürcher Kinder- und Jugendheime (zkj) tätig.
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